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Archiv-Artikel

Der Mann hat sich verzockt

Nicht ein Überwachungssystem wurde auf die Zockerei Adobolis aufmerksam. Er selbst gab den Tipp

Er bleibt weiterhin in Haft. Das Londoner Amtsgericht verlängerte gestern den Haftbefehl gegen Kweku Adoboli, der angeklagt ist, die Schweizer Bank UBS durch nicht genehmigte Wertpapiergeschäfte um 2,3 Milliarden Dollar erleichtert zu haben. Am 20. Oktober muss er erneut vor Gericht erscheinen. Adoboli hat sich bisher nicht geäußert, ob er schuldig oder unschuldig ist.

Der 15. September ist ein besonderer Tag für Adoboli. An dem Tag flog seine Zockerei auf, aber nicht etwa durch das Überwachungssystem der Bank, das gründlich versagt hat, sondern durch einen Hinweis von Adoboli selbst. Der 15. September ist zudem der dritte Jahrestag der Lehman-Pleite, und es ist der Tag, an dem der Schweizer Nationalrat über strengere Regeln für Großbanken debattierte. Darüber hinaus war es Adobolis 31. Geburtstag. Sein Name bedeutet „geboren an einem Mittwoch“, obwohl der Tag seines Geburtsjahrs 1980 auf einen Montag fiel. Er wurde in Tema in Ghana als Sohn eines UNO-Beamten geboren. Er wuchs in Israel, Syrien und im Irak auf, bevor seine Familie 1991 nach Großbritannien zog. Dort schickten ihn seine Eltern auf ein Quäker-Internat, die Ackworth School, die 1779 gegründet wurde. Danach besuchte er die Universität von Nottingham, wo er E-Commerce studierte. Seit 2006 arbeitete er zunächst als Lehrling bei UBS in der Londoner City. Er machte schnell Karriere und stieg zum Direktor für Delta-1-Derivate auf – eigentlich ein relativ risikoloser Bereich. Deshalb wundern sich Experten, wie sich Adoboli dermaßen verspekulieren konnte.

Für UBS ist Adobolis Zockerei eine Katastrophe. Die Bank wird daran nicht pleitegehen, aber ihr Ruf ist schwer angeschlagen. Dabei hatte sie ihn gerade erst einigermaßen repariert, nachdem sie 2008 von den Schweizer Steuerzahlern vor dem Untergang gerettet werden musste. Adobolis direkter Vorgesetzter hat bereits seinen Hut genommen.

Der Exhändler wird von der Anwaltskanzlei Kingsley Napley vertreten, die auch schon Nick Leeson verteidigte, der 1995 mit seinen Fehlspekulationen die Barings Bank in den Bankrott getrieben hatte. Leeson musste für vier Jahre ins Gefängnis. Heute ist er ein gefragter Gastredner und Bestsellerautor – und Manager des westirischen Fußballvereins Galway United.

RALF SOTSCHECK