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Archiv-Artikel

Mein lieber Herr Chauffeur

Mit dem Busfahrer-Sammelalbum möchte das Hamburger Verkehrsunternehmen VHH PVG seine Mitarbeiter aus dem Fahrdienst zu „Stars der Straße“ machen. Außerdem soll mit der Aktion das Gespräch zwischen den Fahrgästen des öffentlichen Nahverkehrs angekurbelt werden

von KLAUS IRLER

Gut, kleine Unterschiede gibt es schon. Zwar funktioniert das „Offizielle Busfahrer Sammelalbum“ des Verkehrsunternehmens VHH PVG natürlich genauso wie das Panini-Sammelalbum zur Fußball-WM 2006, aber wenn man beide Alben nebeneinanderhält, zeigt sich doch, dass Belegschaft und Mannschaft verschiedener Natur sind.

Auffällig ist zum Beispiel, dass die Stars der Deutschen Nationalmannschaft immer direkt in die Kamera schauen, während die VHH PVG-Busfahrer immer nach rechts kucken – ganz so, wie sie es tun, wenn sie im Bus vom Fahrersitz aus Fahrgäste versorgen. Außerdem stammt das Hintergrund-Foto bei den Busfahrern deutlich erkennbar aus einem Bus, was die Busfahrer in ihrer Arbeitswelt erdet – während bei Panini der Hintergrund aus abstrakten, dynamischen, höchstens sportschuhhaften Streifen besteht. Und drittens haben die Busfahrer keine namentlich bekannten Gegner: Sie bleiben unter sich als ein Team, das nicht gegen andere Teams antritt, um seine Qualität zu beweisen.

Und genau das soll die Botschaft sein, die die VHH PVG mit ihrer PR-Aktion verbreiten möchte. Die Mitarbeiter vom Fahrdienst seien „die Stars der Straße“, findet die VHH PVG und hat rund 80 von ihnen in diesem Sammelalbum verewigt. Insgesamt beschäftigt das Unternehmen rund 1.300 BusfahrerInnen, die in rund 600 Fahrzeugen im Raum Hamburg und Umgebung, zwischen Kollmar in Schleswig-Holstein bis Boizenburg in Mecklenburg-Vorpommern, unterwegs sind. Die VHH PVG bedient damit etliche Linien des öffentlichen Nahverkehrs und will nun mit dem Sammelalbum „darauf hinweisen, wie verantwortungsvoll der Job des Busfahrers ist“, so VHH PVG-Sprecher Kay Götze.

Fotografiert wurden die BusfahrerInnen in einem rollenden Fotostudio auf den Betriebshöfen, wobei alle Beteiligten freiwillig mitmachten, sagt Götze. Danach hat die VHH PVG insgesamt eine Million Bildchen drucken lassen. Seit Mitte vergangener Woche sind Bildchen und Album im Umlauf. Neben den 80 Busfahrer-Portraits gibt es rund 50 weitere Bilder von Bussen und Betriebshöfen und auch Vorstandsmitgliedern – um das komplette Unternehmen zu zeigen, sagt Götze.

Zentral aber sind die Fahrer, auch deswegen, weil nur sie den Vertrieb im größeren Stil auf die Beine stellen können: Es gibt die Alben und die Klebebildchen zwar im Infoshop Bergedorf und beim PVG-Kundenservice in Schenefeld, richtig ins Rollen aber soll der Verkauf durch die Busfahrer selbst kommen. Die können – ebenso auf freiwilliger Basis – Aufkleber und Hefte im Bus verkaufen, die 5er-Packung Bilder für 20 Cent, das Album plus Einstiegs-Packung für einen Euro. Wobei die Busfahrer den Fahrgästen ihre Beteiligung an der Aktion durch einen Anstecker in Herzform signalisieren. „Ein Herz für Busfahrer“ steht auf dem Anstecker, was vielleicht ein bisschen an das gute alte „Herz für Tiere“ erinnern mag, ein bisschen Betulichkeit aber dadurch verliert, dass der Anstecker im sachlichen Silbergrau der Dienstbekleidung gehalten ist. Außerdem, so die Idee, sollen den Anstecker auch die Fahrgäste nutzen, um anderen Fahrgästen ihre Sammel- und Tauschbereitschaft mitzuteilen. Am Ende, so Götze, „fragt das Kind den Geschäftsmann nach Bildern. Wir wollen, dass die Menschen miteinander ins Gespräch kommen.“

Was natürlich nicht nur für die Fahrgäste gilt, auch der Dialog Fahrgast – Busfahrer soll trotz des „Bitte nicht mit dem Fahrer Sprechen“-Schildchens befördert werden. Denn im Album stehen Alter und Geburtsort der Fahrer, außerdem, seit wann sie Busse fahren, welches ihr jeweiliger Lieblingsbus ist und welches ihre Lieblingsstrecke. Diese Informationen ermöglichen, „Gemeinsamkeiten zu finden“, sagt VHH PVG-Sprecher Kay Götze: Schnell geht ein Schnack über das Heimatstädtchen, das man gemein hat. Oder über die Vorliebe für das Bus-Modell Citaro, existent als Gelenkbus mit ergonomisch gestaltetem Fahrer-Cockpit.

Dabei verfolgt die PR-Abteilung der VHH PVG das Ziel, aus dem Bus einen Ort der Begegnung zu machen, nicht erst seit der Veröffentlichung des Busfahrer-Sammelalbums. Vorangegangen ist beispielsweise die Einführung einer Kontaktbörse auf der Website des Unternehmens, in der sich die Metropolregion-Bewohner nach einem Plausch im Bus wiederfinden oder auch erst neu entdecken können. „Ich suche Dich zwischen 16-18“, schreibt beispielsweise der 16-jährige Florian aus Norderstedt, „falls du auf Busse stehst und auf die, die es auch mögen.“ Ein möglicher Treffpunkt: Florians Lieblingslinie – die 193.