: Bewerbung wider Willen
FUSSBALL Weil die Herausforderer von Fifa-Chef Sepp Blatter wenig schlagkräftig wirken, kandidiert nun der Holländer Michael van Praag
BERLIN taz | Vielleicht lässt der Machtinstinkt des 78-jährigen Fifa-Chefs Sepp Blatter mit dem Alter doch etwas nach. Wenige Stunden bevor der niederländische Fußballverbandspräsident Michael van Praag bekannt gab, dass auch er im Mai bei der Fifa-Präsidentenwahl kandidieren wird, lästerte der Amtsinhaber: Der europäische Dachverband und dessen Präsidenten Michel Platini hätten „nicht den Mut“, einen Kandidaten aus den eigenen Reihen zu nominieren.
Van Praag widerlegte mit seinem Entschluss zwar Blatter, andererseits betonte die Uefa sogleich, der Niederländer gehe nicht als Kandidat des Kontinentalverbands ins Rennen, weil man im Fifa-Exekutivkomitee über keine Stimme verfüge. Angesichts dieser Halbherzigkeit, die der inneren Zerrissenheit der Uefa geschuldet ist, kann sich Blatter also zu Recht weiterhin siegesgewiss geben.
Van Praag selbst hatte vergangenes Jahr, als er als möglicher Blatter-Herausforderer gehandelt wurde, entgegnet: „Es schmeichelt mir, auf der Liste zu stehen, aber sollte ich es wollen, hätte ich nicht den Hauch einer Chance. Außer Platini gibt es keinen anderen Europäer, der eine Chance hat.“
Weil aber die bisher bekannten Bewerber, die Blatter ablösen wollen, eher Mitleid als Unterstützung einheimsen konnten, hat sich der Niederländer nun trotzdem auf das scheinbar sinnlose Unterfangen eingelassen. „Ich habe eine Zeit lang gehofft, dass ein glaubwürdiger Gegenkandidat kommen würde, aber das ist schlicht nicht passiert.“
Der frühere Fifa-Funktionär Jérôme Champagne, der zuerst seinen Hut in den Ring warf, gilt ohnehin nur als Zählkandidat. Dem Fifa-Vizepräsidenten, Prinz Ali Bin al-Hussein aus Jordanien, wurde bereits vom Chef seines eigenen Kontinentalverbands die Unterstützung entzogen. Und der ehemalige französische Nationalspieler David Ginola, der sich kurioserweise von einem irischen Wettanbieter finanzieren lässt, hat derzeit Mühe, die nötigen fünf Fußballverbände hinter sich zu vereinen, um zur Wahl zugelassen zu werden. Zudem hat der niederländische Spielerberater Mino Raiola Interesse angemeldet, künftig die Fifa zu leiten.
Der 67-jährige van Praag hatte Blatter schon im letzten Sommer einen Rücktritt nahegelegt: „Ich empfinde ihn als einen bedauernswerten Mann, der nicht über so viel Selbsterkenntnis verfügt und der es auch nicht begreift, dass es besser für ihn wäre, die Fifa im nächsten Jahr auf eine würdige Manier zu verlassen. Er baut ab.“ DFB-Präsident Wolfgang Niersbach begrüßte die Kandidatur von van Praag. Der Verband wolle sich aber erst nach Ablauf der Bewerbungsfrist am Donnerstag zu den Bewerbern positionieren. JOHANNES KOPP