: „Rassismus wird wählbar“
TANZ & DISKUSSION Über Protestformen gegen Pegida und die AfD als antidemokratische Bewegungen
■ 37, ist Mitglied der LAG Europa der Grünen, Mitarbeiter von Helga Trüpel (MdEP) und Kandidat für die Bürgerschaftswahl.
taz: Herr Hodonyi, für die heutige Diskussion über Rechtspopulismus wählten Sie ein ungewöhnliches „Aufwärmprogramm“ …
Robert Hodonyi: Vor unserer Podiumsdiskussion gibt es einen Crashkurs im Lindy Hop. Das ist ein Swing-Tanz, der für gesellschaftliche Vielfalt und Multikulturalität steht. Unter den Nazis galt er als „entartet“. Wir wollen damit auch Leute für eine Debatte gewinnen, die sonst vielleicht nicht auf politische Veranstaltung gehen.
Darf man überhaupt gegen die AfD tanzen, obwohl sie eine „Partei des demokratischen Spektrums“ ist?
Tanzen ist eine zutiefst demokratische Angelegenheit. Es geht nicht gegen das Recht der AfD als Partei aufzutreten, sondern wir setzen uns kritisch mit ihrer Politik auseinander. Ich halte jede Form des demokratischen Protests gegen Rechtspopulismus für legitim. Teile der AfD und ähnlicher Gruppierungen stehen auch für nationalistische, antifeministische und homophobe Positionen. Wir tanzen frei nach dem Motto der Swing-Legende Coco Schumann: „Wer einmal den Swing in sich hat, kann nicht mehr im Gleichschritt marschieren.“
Der Politikwissenschaftler Lothar Probst forderte jüngst mehr Toleranz für die AfD und warnte vor Gewaltausbrüchen auf der Bündnisdemo gegen den AfD-Parteitag am Samstag in Bremen.
Das Gefährliche an der AfD ist, dass mit ihr als „bürgerlicher“ Partei Rassismus wählbar wird. In Skandinavien etwa kann man sehen, wie Rechtspopulisten den politischen Diskurs verändert haben und durch sie eine latenten Ausländerfeindlichkeit und Einwanderungskritik aufgekommen ist. Die AfD vergiftet das gesellschaftliche Klima und hat den Resonanzraum für Pegida geschaffen. In Ostdeutschland hatte sie bei den Landtagswahlkämpfen Plakate gegen Sinti und Roma und Sprüche, die von der NPD übernommen wurden. Das spricht aus meiner Sicht für eine offensive, aber natürlich gewaltfreie Auseinandersetzung mit den Positionen der AfD.
In welchem Verhältnis stehen AfD und Pegida?
Durch Pegida und HoGeSa ist der öffentliche Raum zu einer Konfliktzone geworden und Diskurs-Grenzen wurden verschoben. Begriffe wie „Volksverräter“ oder „Lügenpresse“ wären vor ein oder zwei Jahren im bürgerlichen Diskurs noch nicht möglich gewesen. Die AfD hat dabei eine wesentliche Katalysator-Funktion gespielt, ebenso wie der SPD-Politiker Thilo Sarrazin. Es formiert sich eine rechte, außerparlamentarische Bewegung, der man widersprechen und den öffentlichen Raum streitig machen muss. INTERVIEW: JPB
Lindy Hop tanzen: 18 Uhr; Diskussion mit Rechtsextremismusforscher Alexander Häusler und Fabian Jellonnek: 19.30 Uhr, Bremer Beratungsstelle „pro aktiv gegen rechts“, Gewerkschaftshaus, Bahnhofsplatz 22