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■ Die Liebesfälscher Frankreich/Italien 2010, R: Abbas Kiarostami, D: Juliette Binoche, William Shimell
„Abbas Kiarostami lebt nicht mehr in Iran, auch sein jüngster Film hat sich weit fortbewegt. Er spielt in der Toskana, die Hauptdarstellerin ist Juliette Binoche, der Hauptdarsteller William Shimell, zwei französische und eine italienische Produktionsfirmen zeichnen verantwortlich. Der Kunsthistoriker James Miller hält einen Vortrag in Arrezzo. Er begegnet der namenlos bleibenden Protagonistin, sie machen einen Ausflug im Auto, die hügelige Landschaft und die Zypressen ziehen im milden Licht vorüber, während James seine Theorien langatmig erläutert. Die kunsthistorischen Exegesen sind nur die Ouvertüre für ein raffiniertes Vexierspiel. Zwischen den alten Gemäuern und den Renaissance-Gemälden eines kleinen Ortes, in dem gerade eine Hochzeit stattfindet, beginnen die beiden Figuren so zu tun, als seien sie seit 15 Jahren verheiratet. Sie verstricken sich in Streitereien über korkigen Wein, Zurückweisungen und das Einschlafen im falschen Augenblick. Alles wirkt wie die Wiederholung vergangener Streitereien; jeder Satz trägt die Last von vorangegangenen Verletzungen und Kränkungen in sich. Unter der etwas betulich wirkenden Oberfläche reißt er Abgründe auf.“ So Cristina Nord in ihrem Bericht aus Cannes im letzten Jahr.
■ Restless USA 2011, R: Gus van Sant, D: Henry Hopper, Mia Wasikowska
„Gus Van Sant selbst hat sich mit seinem neuen Film ‚Restless‘ vom strengen Stil seiner Todestrilogie verabschiedet. Die hatte er im minimalistischen Nirvana von ‚Last Days‘ beendet. Nun kehrt er zwar zurück zur jugendlichen Verspieltheit seiner Frühwerke wie ‚My Private Idaho‘ – bleibt aber dem Thema dennoch treu. In diesem traurig-romantischen Liebesfilm begegnen sich zwei junge Erwachsene bei einer Trauerfeier. Der Junge, der am Verlust seiner Eltern leidet, geht als Zaungast zu fremden Begräbnissen, verbringt Stunden auf Friedhöfen und hat sich sogar mit dem Geist eines japanischen Kamikaze-Piloten angefreundet. Das Mädchen leidet unheilbar an Krebs, umarmt jedoch das Leben auf eine betörend zurückhaltende Art, macht Tierskizzen in der Natur und studiert Vogelstimmen. Aus dem, was man für ein sentimentales Konstrukt halten könnte, entspinnt Van Sant eine tragikomische Romanze mit klugen Dialogen.“ So Daniel Kothenschulte in der Berliner Zeitung.
■ Tyrannosaur Großbritannien 2011, R: Paddy Considine, D: Peter Mullan, Eddie Marsan
Joseph ist ein schon archetypischer einsamer Mann, ein torkelnder, besoffener Witwer, mit der Welt im Streit und immer nah an fürchterlichen Wutausbrüchen. Er findet eine Seelenverwandte in der molligen Hannah, die in einem Wohltätigkeitsladen arbeitet und mit ihrem lebhaften Treiben die entsetzlichen Demütigungen maskiert, die ihr von ihrem bösartigen Ehemann James zugefügt werden. Mit diesem leidenschaftlichen und kompromisslos trostlosen Debüt entpuppt sich Paddy Considiene als ein starker Schauspielerregisseur. Der Film handelt davon, dass eine gewaltsame Lebensweise immer bestraft wird – manchmal körperlich, auf jeden Fall immer seelisch.