Keine Angst vor Zahlenkolonnen

BANKGESCHÄFTE EU-Parlament greift Kritik von Verbraucherschützern auf: Trotz EU-Regeln sollen alte Kontonummern und Lastschriftaufträge gültig bleiben

Lastschriftaufträge sollen auch künftig zurückgefordert werden können

BERLIN taz | Eine neue, 22-stellige Kontonummer, dazu eine Bankleitzahl aus Ziffern und Buchstaben: Viele Bankkunden befürchten, sich statt der alten Kontonummer bald zwei neue Zeichenkolonnen merken zu müssen – die wesentlich längere IBAN und die BIC. Ähnlich verunsichert sind Unternehmen, die sich fragen, ob alte Lastschriftaufträge gültig bleiben. Gerade gemeinnützige Organisationen bangen um die Spenden ihrer Unterstützer, die meist per Lastschrift eingezogen werden. Die Position des Europäischen Parlaments kann Bankkunden und Unternehmen nun Hoffnung machen: Die Parlamentarier setzen sich dafür ein, den Übergang für die Kunden möglichst einfach zu gestalten.

Hintergrund der Debatte ist der einheitliche Zahlungsverkehr im EU-Binnenmarkt, der unter dem Kürzel Sepa (Single Euro Payments Area) im Jahr 2008 eingeführt wurde. Sepa soll Bankgeschäfte innerhalb Europas so einfach machen wie innerhalb eines Landes. Zurzeit verhandeln Parlament, Kommission und Rat der EU über die Inhalte der Sepa-Verordnung.

Details der Regelung sind dabei umstritten. Frank-Christian Pauli vom Verbraucherzentralen-Bundesverband fordert, dass Bankkunden sich zwar ihre IBAN, nicht aber ihre BIC merken müssen. Zudem müsse garantiert bleiben, dass Lastschriftaufträge zurückgebucht werden können. Nach der aktuellen deutschen Regelung kann man Lastschriften innerhalb von sechs Wochen widersprechen und erhält die abgebuchte Summe zurück. „Das ist bislang noch nicht gewährleistet“, klagt Pauli.

Der Europaparlamentarier Sven Giegold (Grüne) hat die Position des EU-Parlamentes mitgestaltet. Nach dem Willen des Parlaments soll es möglich bleiben, Lastschriftabbuchungen zurückfordern zu können, so Giegold. Zudem sollen alte Lastschriftaufträge auch in Zukunft gültig bleiben. Einig ist man sich ebenfalls, dass Kunden sich allein ihre IBAN merken müssen. Dies sei in Deutschland kein Problem, da Kontonummer und Bankleitzahl in der IBAN enthalten seien. „Wir halten die Kreditwirtschaft aber dazu an, die alten Kontonummern weiter zu akzeptieren“, sagt Giegold.

Einige Streitpunkte zwischen Parlament und Rat bleiben offen. So sieht das Parlament eine 24-monatige Übergangsfrist vor, bis zu der die Verordnung umgesetzt sein muss. Der Rat pocht darauf, dass Teile der Verordnung schon nach 18 Monaten umgesetzt werden müssen.

Fraglich ist auch die Zukunft des elektronischen Lastschriftverfahrens, das beim Einkauf mit EC-Karte und Unterschrift zum Einsatz kommt. Davon profitieren die Händler, weil keine Gebühr an die Bank fällig wird – anders als beim Zahlen mit Karte und PIN-Nummer, bei dem die Bank 0,3 Prozent des Umsatzes als Gebühr kassiert. Das Bezahlen mit Karte und Unterschrift sei in den Entwürfen von Kommission und Rat nicht vorgesehen, klagt Ulrich Binnebößel vom Handelsverband Deutschland (HDE). Er schätzt, dass der Umstieg auf die Kartenzahlung mit PIN den Einzelhandel bis zu 250 Millionen Euro jährlich kosten könnte – die dann auf die Kunden umgelegt würden. Der Parlamentsentwurf sieht eine Gnadenfrist von fünf Jahren für das elektronische Lastschriftverfahren vor. JAKOB SCHULZ