LESERINNENBRIEFE
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Strikte Kontrolle

■ betr.: „Tödliche Hygienemängel“, taz vom 30. 1. 15

Jedes Mal, wenn wieder Tote durch multiresistente Keime in deutschen Krankenhäusern gemeldet werden, kommt schon fast rituell von allen Seiten, besonders aus der Politik, die Forderung nach mehr und strikterer Einhaltung der Hygienevorschriften. Leider kommt aber seit Jahren nicht viel mehr als das, obwohl man weiß und es sich nur in den Niederlanden abgucken muss, wie sich Kliniken vor unerwünschten Keimen schützen können: durch eine strikte Kontrolle aller eingelieferten Patienten. Nur leider erlässt unser durch Parteienproporz zu seinem Posten gelangter Gesundheitsminister keine entsprechende Verfügung, weil es zu teuer und aufwendig ist und natürlich den vielen heute privatwirtschaftlich betriebenen Krankenhäusern nicht zugemutet werden kann – dann schon lieber alle vier bis sechs Monate etwas Aufregung über Todesfälle durch multiresistente Keime.

Anscheinend ignoriert man auch, dass die Bedrohung durch diese nicht beherrschbaren Keime erst am Anfang steht. Auch der für die Landwirtschaft zuständige Minister weigert sich, sinnvolle Maßnahmen gegen Massentierhaltung und damit verbundenen Massen Einsatz von Antibiotika zu ergreifen – es könnte ja der Landwirtschaftsindustrie schaden. Haben unsere Minister nicht bei Amtsübernahme geschworen, „Schaden vom deutschen Volk abzuwenden“? Aber auch das wohl nur ein Ritual. Lieber verteidigt man mit Milliardenbeträgen die deutsche Freiheit am Hindukusch, als dass man im Lande die Gesundheit mit dem gleichen Eifer und den gleichen Mitteln verteidigt. Ich bin ratlos, was noch geschehen muss, damit unsere sogenannten Volksvertreter endlich in die Gänge kommen und wirksame Maßnahmen ergreifen. DIRK BRAUN, Tangstedt

Randnotiz irritiert

■ betr.: „Kölle halal!“, taz vom 30. 1. 15

Ein schöner Artikel über all die „Mein Haus, mein Auto, meine Frau“-Biedermänner, die sich im Karneval plötzlich zum Umfallen witzig fühlen und ernsthaft glauben, sie seien die Speerspitze der Gesellschaftskritik in Deutschland. Eine Randnotiz aber irritiert: Der Ditib-Vorsitzende begrüßt den Ausfall des „Charlie Hebdo“-Wagens, denn dieser habe die Werte der Muslime nicht respektiert. Sehr gern wüsste man: Welche Werte der Muslime sind dieses Mal nicht respektiert worden, wenn ein Wagen einen Jeck zeigen sollte, der einen schießwütigen Islamisten mit einem Stift daran hindert, ihn zu töten? MARKUS HOLT, Haltern am See

Geht’s noch?

■ betr.: „Schluss mit lustig“, taz vom 30. 1. 15

Grotesk, geradezu entlarvend der Kommentar des türkisch-islamischen Religionsvereins Ditib zum Rückzug des umstrittenen Karneval-Motivwagens: Sie begrüßen die Entscheidung als „sehr positiv, da hierdurch ihren islamischen Werten Respekt erwiesen“ werde. Geht’s noch? Verkörpert demnach ein maskierter, bewaffneter Terrorist mit Sprengstoffgürtel schützenswerte islamische Werte? Pegida hat’s schon immer gewusst.WOLFGANG RAPP, Bundenthal

Viel Glück!

■ betr.: „Angst im Angesicht der Querfront“, „Es wird Zeit, Alarm zu schlagen“, taz vom 30. 1. 15

Oh je. Es nervt gewaltig, welchen zunehmenden Raum die taz Kommentaren und Berichten sozialdemokratischer Prägung gibt. Genau wie Prof. Leggewie kloppt Jan Feddersen feste drauf auf alles links von der SPD. In diesem Fall trifft es die griechische Linkspartei Syriza wegen deren rechtspopulistischem Koalitionspartner. (In Deutschland koaliert augenblicklich die SPD unaufgeregt mit der CDU und deren rechtspopulistischem Ableger CSU – das mal am Rande.)

Die Antwort, mit wem Syriza hätte koalieren können, bleiben beide schuldig. Jan Feddersen denkt kurz an eine mögliche Koalition mit den neu im griechischen Parlament vertretenen Linksdemokraten und nennt im gleichen Satz schon den Grund, warum diese Möglichkeit gescheitert sein könnte: Kompromisse. Was diese Partei gefordert hat oder ob sie überhaupt mitregieren wollte, bleibt für den Leser und die Leserin im Dunkel. Die beiden anderen Koalitionspartner Pasok und die konservative Nea Dimokratia haben ja die in Griechenland dampfende Kacke heftig mit angerührt, und Herr Tsipras müsste schon schwer sozialdemokratische Ausfälle haben, um mit denen eine Koalition zu bilden.

Noch was: Wenn ich mich nicht irre, besteht in der Links-rechts-Koalition ein Sitzeverhältnis von 149 zu 13. Ich wünsche der Syriza-Partei und Griechenland viel Glück und Erfolg. Die politischen Weichenstellungen der ersten Tage stimmen mich hoffnungsfroh. Und der große Manitou möge eine baldige Versozialdemokratisierung der Syriza verhindern. MICHA HOCHSTÄTTEN, Bad Kreuznach

Neoliberale Polemik

■ betr.: „Der Mindestlohn darf nicht steigen“, Interview mit Clemens Fuest, taz vom 30. 1. 15

Es schadet dem Image der taz, wenn sie solche neoliberale Polemik, die die Tatsachen und Hintergründe der Situation in Griechenland völlig verdreht und einseitig darstellt, unkommentiert oder überhaupt abdruckt. Wessen Interessen aus dieser Sichtweise zum Ausdruck kommen, ist mehr als deutlich: jedenfalls nicht derjenigen, die die Kosten und Lasten der Krise zu tragen haben. MICHAEL FRICKE