„Die Messlatte bleibt 50 plus x“

Joachim Herrmann, Chef der Landtagsfraktion in München, glaubt nicht, dass die CSU neu erfunden werden muss

JOACHIM HERRMANN, 51, ist CSU-Fraktionschef im Bayerischen Landtag. Er wohnt ebenso wie Günther Beckstein in Franken.

taz: Herr Herrmann, was sollte in der CSU jetzt anders werden?

Joachim Herrmann: Das Wichtigste ist die Eigenständigkeit der CSU, gerade auch in der großen Koalition und gegenüber unserer Schwesterpartei. Günther Beckstein und Erwin Huber müssen die CSU deshalb nicht neu erfinden. Aber natürlich wird eine Doppelspitze dafür sorgen, dass das politische Treiben bei uns nicht mehr so auf eine Person fokussiert ist. Das wird automatisch zu einer größeren Diskussionskultur führen.

Über Stoibers Sparkurs hat die CSU-Landtagsfraktion, die Sie führen, ja oft geklagt.

Es war immer klar, dass wir die vielen notwendigen Reformen, die wir seit 2003 beschlossen haben, erst einmal verarbeiten müssen – und dass wir es etwas ruhiger angehen, wenn wir uns der nächsten Landtagswahl nähern. Die ist 2008. Inhaltlich werden wir sicher einen Schwerpunkt bei der Bildung und Ausbildung der jungen Generation setzen.

Beckstein und der neue Parteichef, Huber, sind beide schon über 60. Das sieht mehr nach einer Übergangslösung als nach einem Neuanfang aus.

Auch 60-Jährige können eine sehr erfolgreiche Politik für die junge Generation machen. Wir wollen weiter gut für Bayern arbeiten und die Wahlen gewinnen. Nach diesem Kriterium stellen wir unsere Mannschaft auf.

Wie hoch müssen Beckstein und Huber 2008 die Wahlen gewinnen, damit sie ihre Ämter länger als ein Jahr behalten können?

Die Messlatte bleibt 50 plus x. Die 60 Prozent, die Stoiber beim letzten Mal erreicht hat, waren ein Ausnahmeergebnis.

Es heißt, der neue Parteichef Huber will Sie als CSU-Fraktionschef beerben, damit er nicht als Minister Untergebener von Beckstein ist.

Das ist eine Spekulation, die mir keinerlei schlaflose Nächte bereitet. Wir werden das alles nach der Wahl von Günther Beckstein zum Ministerpräsidenten am 9. Oktober in Ruhe und Freundschaft besprechen.

Bestehen Sie darauf, Fraktionsvorsitzender zu bleiben?

Es gibt hier für niemanden Absolutheitsansprüche. Aber, das will ich nur deutlich sagen, ich habe auch keinerlei Probleme mit Erwin Huber.

Wäre es nicht für alle am besten, wenn Huber gleich nach Berlin geht und dort Bundeswirtschaftsminister Glos ablöst?

Erwin Huber hat klipp und klar gesagt, dass er nach der Bundestagswahl 2009 nach Berlin wechselt und nicht vorher.

Warum hat die Partei sich so schwer getan, gelassen mit Gabriele Pauli umzugehen?

Man könnte umgekehrt fragen: Wie ist Frau Pauli mit der Partei umgegangen? Ich denke, das Abstimmungsergebnis ist ein klares Signal dafür, dass sie nur eine Randerscheinung in der CSU war und ist. Dieses Kapitel ist abgeschlossen.

Warum dann die allergischen Reaktionen auf Gabriele Pauli? Beckstein wollte sie sogar zum Psychiater schicken. Zeigt das nicht, dass die Landrätin einige Dinge offen gelegt hat, etwa die scheinheilige Familienpolitik der CSU und den Mangel an Frauen in der Führung?

Das glaube ich nicht. Wir stehen ja ganz offensichtlich erfolgreich da. Wir werden auch von der großen Mehrheit der Frauen in Bayern gewählt. Wir tun alles dafür, noch mehr Frauen in Spitzenpositionen zu bringen. Aber dafür brauchen wir nicht Gabi Pauli.

Es gibt keinen Aspekt, bei dem Sie sagen: Da haben wir dank Pauli dazugelernt, das machen wir künftig anders?

Doch. Rechtzeitig offen und ehrlich miteinander reden, auf allen Ebenen. INTERVIEW: LKW, MH