: Der doppelte Hitler
„Ein Mahnmal gegen den Umgang mit Kunst“ sollen zwei Büsten von 1937 sein. Wer dabei dargestellt wurde, verriet das Auktionshaus lieber hinter vorgehaltener Hand. Am Ende ging der doppelte Hitler für insgesamt 9.600 Euro weg
Auktionshäuser sind schlichte Mittelsmänner zwischen Verkäufern und Käufern – könnte man meinen. Was das Hamburger Auktionshaus Klaus D. Kendzia am vergangenen Samstag jedoch aus einem Nachlass versteigerte, war vorsichtshalber dennoch neutral als „Portrait Kopf, 1937“ gekennzeichnet. Wer da dargestellt wurde, verriet das Auktionshaus lieber hinter vorgehaltener Hand. Auf zwei Büsten von Adolf Hitler, der sich sich dem Betrachter durch Frisur und Bart verriet, konnten Interessierte für 400 beziehungsweise 750 Euro Startgebot bieten.
Um die eigene neutrale Position zu bekräftigen, verfolgte das Auktionshaus Kendzia zwei clevere Strategien: Wer Hitler wollte, musste schon gezielt nach Hitler suchen. Die Namen der Künstler, Albert Mazzotti und Arno Breker, letzterer bekannt durch seine Skulpturen bei den Olympischen Spielen 1936, waren im Onlinekatalog leicht abgewandelt geschrieben.
In der Ausstellung fand sich eine Büste nur versteckt mit dem Gesicht zur Wand am Boden, während Nummer zwei teilweise von einem erklärenden Schild verdeckt wurde: „Solange Auktionator und Bieter sich gegenseitig versichern, dass die Büsten nur zur staatsgeschichtlichen Aufarbeitung dienen, ist der Verkauf nicht verfassungswidrig“, wurde aus dem Strafgesetzbuch zitiert.
Wo die Grenze zwischen staatsgeschichtlicher Aufklärung und staatsgeschichtlicher Nostalgie fließt, ist damit nicht geklärt. „Hitler selbst ist kein verfassungswidriges Symbol“, erklärte der Verfassungsschutz Hamburg jedoch am vergangenen Montag – hätte die Büste zusätzlich Hakenkreuze oder SS-Runen getragen, hätte eine rechtsextremistische Wertung vorgelegen. Und damit ein Grund, die Auktion aus dem Verkehr zu ziehen.
Eine andere Form der Wertung erkannte Auktionator Klaus Kendzia dennoch: „Diese Büsten sollen ein Mahnmal sein“, kommentierte er die nach 1945 zerbeulte Arbeit Arno Brekers, „ein Mahnmal, wie nach dem Krieg mit Kunst umgegangen wurde.“
Trotz Delle im Hinterkopf fanden Hitler und Hitler für 3.600 und 6.000 Euro einen neuen Besitzer: Ein Antiquitätenhändler kapitulierte schließlich vor den Geboten eines privaten Interessenten, der eigens für die beiden Objekte erschienen war.
Während ausländische Auktionshäuser die Versteigerung nationalsozialistischer Kunst oft freiwillig unterbinden, hatte hierzulande zuletzt in Nürnberg eine Auktion Polizei und Ordnungsamt auf den Plan berufen: Dort sollten im Jahr 2005 zwei von Hitler selbst gemalte Aquarelle unter den Hammer kommen. JESSICA RICCÒ