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Archiv-Artikel

SIDO UND BUSHIDO Sozialdemokrat

Bushido hört nicht auf zu reden

Laut Gary Larson besteht Charly Parkers „Private Hell“ darin, in einem Raum eingeschlossen und mit New-Age-Musik beschallt zu werden. Eventuell tut’s ja auch schon, in einem mit Trockeneis vernebelten Kellergewölbe in der Zitadelle Spandau zu sitzen und dabei Peter Maffay als Gastsänger mit dem Tabaluga-Text „Ich wollte nie erwachsen sein“ auf dem gemeinsamen Album von Bushido und Sido mit dem Titel „23“ zu hören. Die drei Songs, der während der „Listening Session“ dargeboten werden grooven, in alter Berlin-Rap-Tradition, nicht für fünf Pfennig. Einer scheint die Strophenzeilen „23-mal Sisal Green“ bzw. „23-mal Fieselschweif“ zu enthalten, genauer kann man es in der für Nicht-Mittelalter-Sounds denkbar ungeeigneten steinernen Folterlounge nicht verstehen.

Bevor man darüber nachdenken kann, läuft schon das neue Video: Bushido überfällt eine Bank, Sido wird von sexy Vampirellas gebissen, Bushido in Martial-Arts-Outfit ersticht Special-Elite-Polizisten, Sido in halbnakicht ist mit den Blutsaugerinnen zugange. Am Ende halten sie sich Pistolen vor den Kopf, rappen „Wir sind zwei Wölfe, zwei Alphas“ und drücken ab.

Bei der folgenden Pressekonferenz ist die entspannte Märkisches-Viertel-Brillenschlange Sido wie immer der Lustigere der beiden, aber Quatschtüte Bushido hört nicht auf zu reden, erzählt von seinen anfänglichen Ressentiments gegen Maffay, behauptet, nie schwulenfeindlich gewesen zu sein, höchstens ein oder zweimal „schwul“ in einem negativen Zusammenhang benutzt zu haben, aber hey, dafür Wowereit zu wählen, macht Facebook für die Demo am Wochenende verantwortlich, bei der keiner zu wissen schien, wogegen es ging, und disst die Piratenpartei. Der Tempelhofer, der nicht alle Frauen, sondern nur „echte Schlampen“ als Nutten bezeichnet, hat sich über die Jahre zu einem richtig guten Sozialdemokraten entwickelt. JENNI ZYLKA