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Archiv-Artikel

Staatsmacht trifft Verbrechen

Das Volkskunde Museum Schleswig hat die Polizeisammlung des Historikers Wolfgang Kroker und die Lehrmittelsammlung der Polizeidirektion Eutin geerbt. Die Sammlung Kroker verblüfft durch ihren Umfang – die Sammlung Eutin durch ihre Skurrilität

Von KLI

Pickelhauben, Tschakos, Helme, einer neben dem anderen, eine ganze Regalwand lang. Direkt gegenüber Uniformen ohne Ende aus ca. 250 Jahren Polizeigeschichte. Dazwischen eine Sammlung verschiedenster Pistolen, Säbel und Schlagstöcke. Es sind die Insignien und Mittel der Staatsgewalt, die der Pfarrer Wolfgang Kroker aus Kellinghusen en Masse zusammengetragen hat. Zwischen 1995 und 2004 arbeitete Kroker ehrenamtlich als Beauftragter für Polizeigeschichte des Landes Schleswig-Holstein. Seine Sammlung soll die größte private Polizeisammlung in Deutschland sein.

Mittlerweile hat sie Kroker dem Volkskunde Museum Schleswig überlassen. Dort steht hinter den Kulissen der Ausstellung „Banklady“ derzeit ein Tisch mit Laptop, an dem ein Mitarbeiter nichts anderes macht, als zu inventarisieren. 3.000 bis 4.000 Objekte umfasst die Sammlung Kroker. Außerdem bekam das Museum die frühere Lehrmittelsammlung der Polizeidirektion für Aus- und Weiterbildung Eutin. Dabei handelt es sich um rund 1.500 Objekte, die in der Nachkriegszeit eingesetzt wurden, um den angehenden Polizisten verschiedenste Verbrechen nahezubringen. Womit das Museum nun über zwei Sammlungen verfügt, die sich ergänzen: „Bei der Sammlung Kroker steht die Welt der Polizei im Mittelpunkt, und wie der Staat seine Gesetze durchsetzt“, sagt Museumsleiter Carsten Fleischhauer. „Bei der Sammlung aus Eutin geht es vor allem um die Welt des Verbrechens. Auch die Verstöße werfen ein Licht auf die jeweilige Zeit.“

Was bei der tatsächlich größtenteils museumsreifen Eutiner Lehrmittelsammlung zu einigen Skurillitäten führt: Da steht beispielsweise ein überdimensionaler schwarzer Holzstuhl mit Eisenschnallen an den Lehnen – es handelt sich um ein konfisziertes Domina-Studio aus den 60er Jahren, das den Polizeischülern damals verbotene Sexpraktiken näher bringen sollte. Oder eine Pillendreh-Maschine, wiederzuerkennen bei Einsätzen im Drogenmilieu. Oder die Fälschung eines Kandinsky-Gemäldes – für den kunsthistorischen Schnellkurs zwischen zwei Schießübungen. Oder auch ein Transparent der Anti-Atomkraft-Bewegung aus den 80ern – beschlagnahmt bei einer Demonstration gegen das AKW Brokdorf.

Nachvollziehen lässt sich anhand der Sammlungen beispielsweise, wie sich der Einsatzbereich der Polizei verändert: „Ab den 70ern war die Polizei nicht mehr nur für die Kriminalitätsbekämpfung zuständig, sondern auch für gesellschaftliche Konflikte wie in der Hamburger Hafenstraße oder in Brokdorf“, sagt Fleischhauer. Eindrücklich nachzuvollziehen ist das auch bei der Schlagstock-Sammlung: Die Schlagstöcke nämlich wurden im Lauf der Zeit immer kürzer – wohl um der verbesserten Mobilität willen, wenn es um Auseinandersetzungen auf der Straße geht.

Aus den beiden Sammlungen wollen die Schleswiger Ausstellungsmachern alle zwei, drei Jahre eine neue Sonderausstellung zu einem bestimmten Aspekt der Polizeigeschichte zusammenstellen. Außerdem dienen sie dazu, die anderen Ausstellung des Hauses zu ergänzen. Man wolle die Objekte „in kultur- und alltagsgeschichtlichen Zusammenhängen zeigen“, sagt Fleischhauer. „Wir werden auf keinen Fall zum Uniform- und Waffenmuseum.“ KLI