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Archiv-Artikel

OSZE will Waffenruhe sichern

UKRAINE Beobachter verlangen die Einhaltung der Waffenruhe. OSZE benötigt dringend Personal und Ausstattung, um neue Aufgaben erfüllen zu können

18 OSZE-Grenzbeobachter sind nicht in der Lage, 2.000 Kilometer zu überwachen

AUS KIEW UND GENF B. CLASEN UND A. ZUMACH

Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) wird ihre Beobachtermission in der Ukraine verstärkt an der Umsetzung des neuen Minsker Abkommens orientieren. Die Organisation, so ihr Generalsekretär Lamberto Zannier am Freitag in Kiew, verstehe sich als Teil der Bemühungen, der Ukraine in dieser schwierigen Zeit beizustehen.

350 OSZE-Beobachter in der Ostukraine sollen ihre Aufgaben bei der Umsetzung des Waffenstillstandes wahrnehmen. Zur Ausweitung ihrer Arbeit und Anpassung an diese neuen Aufgaben werde die Mission technisch mit modernster Ausrüstung ausgestattet, so Lamberto Zannier auf der gemeinsamen Pressekonferenz mit dem Leiter der OSZE-Beobachtermission in der Ukraine, Ertugrul Apakan. Gefragt, ob die OSZE auch die russisch-ukrainische Grenze überwachen wird, sagte Apakan, man werde dies bei entsprechenden Sicherheitsgarantien tun.

Die Frage bleibt, ob die OSZE rechtzeitig und ausreichend zusätzliches Personal sowie technische Mittel erhält, um die ihr in Minsk zugewiesenen Aufgaben erfüllen zu können. Für die ab Sonntagnacht anstehende Aufgabe, den Waffenstillstand in einem Gebiet von rund 25.000 Quadratkilometern zu überwachen, dürften die derzeit 380 Mitglieder der Sonderbeobachtungsmission (SMM) kaum ausreichen. Das gilt erst recht für den Rückzug der schweren Waffen, der aufständischen Milizen und der Regierungstruppen.

Bereits im Juni letzten Jahres hatten die 57 OSZE-Staaten zwar die Option einer Aufstockung der SMM auf 500 BeobachterInnen beschlossen, seitdem aber kein zusätzliches Personal bereitgestellt. Wie schnell und von wem die OSZE technische Überwachungsmittel wie Aufklärungsdrohnen, Satelliten oder Radargeräte erhält, darauf gab es am Freitag im Wiener Hauptquartier der Organisation noch keine Antwort. Die Bundeswehr, die der OSZE Aufklärungsdrohnen angeboten hatte, würde nach einer konkreten Anfrage aus Wien zunächst einen Erkundungstrupp in die Ukraine schicken. Erst nach dessen Rückkehr würde eine Entscheidung Berlins fallen. Die Drohnentruppe wäre also erst in 11 bis 40 Tagen einsatzbereit – nach Ablauf der Frist für den Abzug schwerer Waffen und der Kampfverbände.

Die potenziell konflikträchtigste Aufgabe für die OSZE ist die vorgesehene „Entwaffnung illegaler Kämpfer“. Dazu müssten die bislang unbewaffneten BeobachterInnen möglicherweise mit leichten Waffen ausgerüstet werden. Für ein entsprechendes Mandat wäre ein Konsensbeschluss der 57 OSZE-Mitgliedstaaten erforderlich. Die Minsker Vereinbarung lässt offen, wer künftig die mehr als 2.000 Kilometer lange Grenze zwischen der Ukraine und Russland überwachen soll, wo 500 Kilometer als besonders sensibel gelten. Die OSZE wäre dazu mit ihren lediglich 18 Grenzbeobachtern überhaupt nicht in der Lage.

Wie viele Mitarbeiter die OSZE für die Beobachtung der geplanten Wahlen in den aufständischen Regionen benötige, hänge „von den noch zu klärenden Modalitäten dieser Wahl ab“, betonte der Sprecher des zuständigen OSZE-Büros in Warschau gegenüber der taz. Für die Beobachtung der Wahlen im letzten Jahres hatten die 57 OSZE-Mitglieder eine ausreichende Zahl von BeobachterInnen entsandt.

Viel wichtiger als technische Fragen, so OSZE-Generalsekretär Zannier, sei die Bereitschaft der Konfliktparteien zur Umsetzung der Minsker Vereinbarungen. Wirklich effektiv könne die OSZE-Mission nur arbeiten, wenn der Waffenstillstand eingehalten und die Sicherheit der OSZE-Mitarbeiter garantiert werde. Zannier nannte Meldungen über fortgesetzte Kämpfe in der Ostukraine sehr beunruhigend.

Diese Kämpfe gingen auch am Freitag weiter. In dem von den Aufständischen kontrollierten Horliwka wurden am Freitag drei Kinder getötet, im weitgehend von den Aufständischen eingekesselten Debalzewe kamen unbestätigten Berichten zufolge in zwei Tagen über ein Dutzend ukrainische Soldaten ums Leben. Die Ortschaft Logwinowo in unmittelbarer Nähe sei in der Hand der Aufständischen, berichtete ein Kommandeur. Zugleich bestritt er Meldungen, dass Debalzewe eingekesselt sei. Auch in Lugansk ging der Beschuss weiter. Am Freitag wurden dort vier Besucher eines Cafés getötet.