LESERINNENBRIEFE :
Kein Gegenbild nirgends
■ betr.: „Das Geld des Geistes“, taz vom 14. 2. 15, „Neues Konzept für privat finanzierten Straßenbau“, taz vom 12. 2. 15
Mehr private Gelder für öffentliche Aufgaben wie Infrastruktur, Forschung, Bildung und Sicherheit – zu den Bedingungen der Privaten! – sind der nächste Schritt der Privatisierung, Kommodifizierung, Kommerzialisierung des öffentlichen Lebens. Der Staat liegt von Schuldenbremse und Kompetenzabbau gefesselt bereit, sich ausnehmen zu lassen. Durch TTIP und Co. auch gerne international und im großen Maßstab. Es geht um Kontrolle. Statt gleichberechtigt zur Finanzierung des Gemeinwesens beizutragen, wird Unternehmen und Vermögenden über „Infrastrukturfonds“, Drittmittel und „outgesourcte“ Services direkter Zugriff auf das Wo, Wie und Wann der Daseinsvorsorge gegeben. Nebenbei sind solche Interessenvermengungen ein Einfallstor für Korruption, wie man an den Doppelrollen von Anwälten als „Berater“ der Politik und als abkassierende Vermittler von ÖPP-Projekten sieht.
Es geht um Diskriminierung. Die Nutzung guter Straßen, das Forschen an wichtigen Fragen, die Sicherheit von Existenz und Gut ist immer mehr von der eigenen oder der generösen fremden Geldbörse abhängig. Der Fokus und Sinn öffentlicher Tätigkeit verschiebt sich ganz sachte von Sachziel zum Geldziel. Jochen Hörisch hat das für die Hochschuldrittmittel gut beschrieben. Es geht um Profit. Der Zwang zur Steigerung der Gewinne, zum Wachstum der Geldsphäre beschränkt sich nicht mehr auf die Ausweitung der Güterproduktion und den Export ins zahlungsfähige Ausland, er richtet sich verstärkt nach innen, in die noch kommerzfreien Bereiche des Staates, der Kunst, der Wissenschaft. Das wird noch zunehmen, wenn der originären Wirtschaft die natürlichen Grenzen bewusster werden.
Die Sphären des Privaten und des Öffentlichen, der Freiheit und der Gleichheit verschwimmen immer mehr, und das Sagen hat (natürlich) das Kapital. Dabei ginge es auch anders: Private Gelder sollen für öffentliche Aufgaben mobilisiert werden? Erhöht die Steuern, legt öffentlich Rechenschaft ab! Die Verschuldung des Staates soll gesenkt werden? Holt euch das Geld dafür von denjenigen, die seit 30 Jahren von der Umverteilung profitieren! Aber es wirkt, als hätte der neoliberale, libertäre Geist bereits alles vergiftet und der Linken das intellektuelle Rückgrat gebrochen, der SPD vorneweg. Kein Gegenbild, keine Alternative nirgends. MAIK HARMS, Hamburg
Möglichkeiten, sich zu verhalten
■ betr.: „Gehört das zur Toleranz?“, Leserinnenbrief, taz vom 9. 2. 15 zum Artikel: „Es geht um Intaktheit“, taz vom 7. 2. 15
Wenn jemandem ein Thema nicht behagt wie etwa Frau Kellerer, die in der taz nix über Folterspiele lesen will, welche sie als „nichts Gutes“ bezeichnet, dann haben wir mehrere Möglichkeiten, uns zu verhalten: 1. Die taz kann sich entscheiden, eventuell unbequeme Themen nicht mehr zu drucken. Frau K. ist zufrieden. 2. Niemandem werden Folterspiele mehr gestattet oder das Spucken in der Öffentlichkeit oder das Ziehen von Handwagen, auf dass dieses nicht mehr praktiziert werde und keiner darüber berichten könnte. Frau K. ist zufrieden. 3. Wir Leser informieren uns in der taz über die Meinungen / Bedürfnisse / Tätigkeiten anderer Leute und bilden uns somit unsere eigne Meinung darüber. Hernach tun wir diese gegebenenfalls kund. Frau K. schreibt einen Leserbrief. 4. Wir Leser informieren uns einfach nicht mehr über gewisse Themen und wissen darüber folglich nicht Bescheid, dürfen dann aber auch nicht mitreden. Frau K. hat schon ihre Meinung, überliest den Artikel und … ist zufrieden.
HENRYK TIETZ, Görlitz
Gartenzwerge an die Staatsgrenze
■ betr.: „Junge Union fordert mehr Schlager im Radio“,taz vom 16. 2. 15
Hi, ich fordere, an der deutschen Staatsgrenze alle 100 Meter einen Gartenzwerg aufzustellen. Das würde mit Sicherheit von illegalen Grenzübertritten abschrecken! ROLAND BENZ, Frankfurt am Main
Am Ende hilft nur Transparenz
■ betr.: „Die Polizei hat uns geopfert“, taz vom 13. 2. 15
Bayern als Staat im Staate. Warum wundert mich dieses Interview nicht. Vielen Dank für den Mut der beiden Männer und auch für das Risiko, das sie eingehen. Sie sollten Hilfe und Öffentlichkeit erhalten. Und dass sie uns keinen Bären aufbinden, ist höchst wahrscheinlich. Was hätten sie davon? Viel wahrscheinlicher ist, dass in Bayern und anderen arbeitgeberfreundlichen Ländern viel getrickst wird. Am Ende hilft nur Transparenz, besonders in der Verbindung Politik und Unternehmertum. JOACHIM JANSEN, Braunschweig
Ein Worst-Case-Szenario
■ betr.: „Hier boxt der Papst im Altersheim“, taz vom 11. 2. 15
Liebe Susanne Fischer, Ihre Beiträge sind immer herz- und hirnerfrischend! Mein Mann und ich möchten übrigens auch nicht bespielt werden – ein Worst-Case-Szenario. Ich las mal eine nette Story von zwei jungen Pflegenden, die einen alten Mann, der gerade nicht sprechen konnte, mit Zutaten wie röhrenden Hirschen und Jodl Meiersepp bespaßen wollten. Er musste so lange leiden, bis seine Tochter von einer Reise zurückkam und ihn erlöste – in früheren Zeiten war er weltweit für Menschenrechtsorganisationen unterwegs gewesen. Es gab dann noch ein Happy (Waiting For The) End.
PETRA GROSSE-STOLTENBERG, Hattingen