: Tägliche Wunderkuren
In den französischen Hochpyrenäen liegt Cauterets, einst mondäner Kurort und vielbeschriebenes Reiseziel französischer Literaten. Auch Heinrich Heine badete hier und wanderte durch die Berge
Heinrich Heine „und grüßen Sie mir die Welt“ ,Ein Leben in Briefen Hrsg. Von Bernd Füllner und Christian Liedtke, Hoffmann und Campe 2005 Heinrich Heine:Atta Troll, Ein Sommernachtstraum, Reclam Stuttgart 1977 Kurt Tucholsky: Ein Pyrenäenbuch, Hamburg, rororo Gites d‘Etape sind einfach ausgestattete Unterkünfte für Wanderer, mit Schlafsälen oder privaten Zimmern. Man kann selber kochen, aber viele Gites bieten auch für wenig Geld meistens sehr gutes Essen.
Übernachtung ab 18€. Liste und Kontakt:www.gites-de-france.com Busverbindung der SNCF, mehrmals täglich, vom Bahnhofvorplatz in Lourdes nach Cauterets. Wanderrouten in den französischen Pyrenäen und praktische Tipps www.balades-pyrenees.com Wanderkarte, IGN 70, Region: Pau Bagnères-de-Luchon, www.ign.fr.
VON ANIMA KRÖGER
Rings umragt von dunklen Bergen Die sich trotzig übergipfeln Und von wilden Wasserstürzen Eingelullet, wie ein Traumbild Liegt im Tal das elegante Cauterets
Cauterets in den Hochpyrenäen, das Heinrich Heine im „Atta Troll“ beschreibt, war im 19. Jahrhundert total en vogue. Tout Paris traf sich hier wegen der schwefelhaltigen Heilquellen: Die Schönen und die Reichen, die Kranken und die Dichter: George Sand, Stendhal, Charles Baudelaire, Gustave Flaubert … Heinrich Heine und seine Lebensgefährtin Mathilde trafen am 26. Juni 1841 hier zur Bäderkur ein und blieben bis Anfang August. Eine Badeliste mit Heines Namen ist erhalten. In einem Brief an Gustav Kolb vom 3. Juli 1841 schreibt er: „Cauterets ist eine der wüstesten Schluchten der Pyrenäen, doch nicht so unzugänglich wie manche ehrliche Leute glauben … Diese himmelhohen Berge, die mich umgeben, sind so ruhig, so leidenschaftslos, so glücklich! … Die hiesigen Bergquellen üben täglich Wunderkuren und auch ich hoffe zu genesen.“
Heute existiert die Eisenbahnlinie, die einst die Reisenden mit Dampfmaschinen bis Cauterets hinaufbeförderte, nicht mehr, die Gleise wurden abgebaut. Nur das wunderschöne Bahnhofsgebäude ganz aus Holz steht noch. Immerhin wird es noch von einem Bus der SNCF von Lourdes aus angefahren und am Schalter kann man immer noch Zugfahrkarten lösen. Cauterets wirkt auch heute noch mondän: prächtige Hotelbauten und mehrgeschossige Häuser mit grauen, schindelgedeckten Dächern, mit schmiedeeisernen Balkonen oder Galerien – ganz in der Architektur des 19. Jahrhunderts. Die Straße La Raillère, in der auch Francois-René de Chateaubriand 1829 wohnte, scheint geradewegs auf die schneebedeckten Gipfel zuzuführen. Aber schon als Kurt Tucholsky im Spätsommer 1925 den Spuren Heines folgte, war der Glanz etwas verblasst. Mit leichter Enttäuschung vermerkte Tucholsky im Pyrenäenbuch: „So elegant ist Cauterets auch gar nicht.“
Das Hotel Bellevue wird heute zu Eigentumswohnungen umgebaut, im ersten Hotel am Platze befindet sich ein Museum, und im Hotel des Promenades sind Arztpraxen untergebracht. Teile des Casinos, mit rotem Teppich und wandhohen Spiegeln geschmückt, vermitteln noch eine Ahnung vom früheren Prunk und werden als Kino oder Theaterbühne genutzt. Im Casino stehen um den Roulettetisch mehr Croupiers als Spieler. Auch der andere Bahnhof, von dem aus einst Züge die Kurgäste direkt zu den Thermen brachten, hat keinen Gleisanschluss mehr. Thermalbäder für Atemwegserkrankungen und Rheumatologie gibt es noch heute, das Städtchen setzt aber auch auf Wintersport und Wellness.
Der Ort ist idealer Ausgangspunkt für Wanderungen. In einer kleinen Markthalle kann man sich mit Proviant versorgen, mit frischen regionalen Produkten, wie köstlichem Pyrenäenkäse. Wir folgen dem GR 10, einem Fernwanderweg, der quer durch die Pyrenäen vom Atlantik zum Mittelmeer führt. Die Bergspitzen sind am Morgen schon von der Sonne beschienen, während Cauterets im Tal noch völlig im Schatten liegt. Von den Thermen de César führt der teilweise mit Steinen gepflasterte Fußpfad in die Höhe über die Thermen Pauze-Vieux, auf dem Chemin des Pères über die Thermen de la Raillère, dann durch den schattigen Wald auf dem Weg der Wasserfälle, dem Chemin des Cascades, entlang – mit spektakulären Ausblicken auf Wasserfälle und schwindelerregende Schluchten. Es geht hinauf durch den Nationalpark bis zur Pont d’Espagne. Traumhaft schön. Schon zu Heines Zeiten ein beliebtes Ausflugsziel.
„Um Mittag kamen wir zum Pont d’Espagne. So geheißen ist die Brücke, die aus Frankreich führt nach Spanien“, so Heine im „Atta Troll“. Neben der Brücke stürzen Wasserfälle zu Tal. Heute ist der Pont d’Espagne immer noch ein beliebter Ausflugsort der Pilger, die busweise anreisen. Vom Pont d’Espagne führt zwischen Felsblöcken der GR 10 als steiler Fußweg am Gave de Gaube entlang über Geröll zum Lac de Gaube hinauf, den man in einer knappen Stunde bewältigen kann. Wem das zu viel ist, der kann auch eine Seilbahn nehmen. Der Lac de Gaube – ein türkisfarbener Bergsee mit Zuflüssen und kristallklarem Wasser, umgeben von schneebedeckten Bergen – war das Traumziel der französischen Dichter schlechthin. Baudelaire meinte enthusiastisch, der Himmel betrachte sich im Wasser des Sees. Victor Hugo, mit seiner Geschichte von einem jungen, englischen Hochzeitspaar, das im See ertrunken sei, trug zur romantischen Verklärung bei.
Nun folgen wir weiter dem GR 10, der nun merklich steiniger und felsiger wird. Die Vegetation verändert sich, wird spärlicher, die Baumgrenze ist erreicht. Nach einiger Zeit stehen wir schließlich vor einer gewaltigen schneebedeckten Felswand, der Nordwand des Vignemale, des höchsten französischen Berges der Pyrenäen (3.298 m).
Sehr praktisch im und rund um den Parc National des Pyrénées sind die Refuges, die teilweise vom Club Alpin Français (CAF) betrieben werden, oder die Gîtes d’étape, in denen man preiswert übernachten und sich zumeist auch selbst verpflegen kann. Sie stehen im Prinzip jedem Wanderer offen und sind einsam in der Natur gelegen. Eiskalte Dusche mit Gletscherwasser inklusive.