Leserinnenbriefe :
Revolutionäres wird übersehen
■ Betr: „Fundus für kritische Juristen“, „Das Ende vor dem Anfang“ taz nord vom 2. 11. 2011
Ein lautes Dankeschön – so laut, dass es sich möge behaupten können gegenüber den (fast schon peinlichen) Exzellenz-Selbstbelobigungen der vierzigjährigen Universität und all derer, die sowohl die Leistungen des Anfangs leugnen als auch die Schwierigkeiten des Neu-Beginnens kleinreden oder totschweigen.
Der taz-Beitrag über das Berufsverbot von Horst Holzer berichtet über ein besonderes, aber keineswegs das einzige Beispiel der unglaublich heftigen Startprobleme vor 40 Jahren. Und der Artikel über das von Johannes Feest aufgebaute Strafvollzugsarchiv zeigt exemplarisch, wofür sich große Teile der Professorenschaft und der Studierenden in den ersten Jahrzehnten nach der Gründung engagiert haben: für eine Öffnung der Universität gegenüber der Gesellschaft und ihren Problemen – auch an deren Rändern. Vieles von dem, was damals „revolutionär“ war, wird heute deshalb übersehen, weil es (Hoch-)Schule gemacht hat: etwa der Praxisbezug des Studiums, die Interdisziplinarität der Forschung, der Präsenzcharakter der Bibliothek. Weitere wichtige Ziele der Bremer Universitätsgründung werden heute von anderen Themen überlagert oder wurden behindert bzw. kaputt „gespart“: zum Beispiel die Nichtabiturienten-Prüfungen, die integrierten Eingangsstudien, die einphasige Ausbildung, das Projektstudium, die Drittelparität. Universitäre Reform-Studiengänge von damals sind heute liquidiert: unter anderem Behindertenpädagogik, Sozialarbeit, Weiterbildung.
Zu erinnern ist beispielhaft an die drogenpolitischen Ansätze von Christian Marzahn und Stephan Quensel, an die atomkritischen Pionierleistungen von Physikern wie Inge Schmitz-Feuerhake, Dieter von Ehrenstein und Jens Scheer, an die wirtschaftspolitische Memorandum-Gruppe oder das Osteuropa-Institut.
RUDOLPH BAUER, Bremen
Ungenügender Gesetzesvorschlag
■ Betrifft: „Rote sorgen für grüne Häfen“, taz bremen vom 26. 10. 2011
Grundsätzlich ist die Initiative des Bremer Senats zum Verbot des Transports von Kernbrennstoffen zu begrüßen. Die allermeisten Transporte mit radioaktivem Material dienen dazu, Atomkraft irgendwo in der Welt weiter zu betreiben. Auch wenn in Deutschland die Atomkraftwerke stillgelegt werden, kann es uns nicht egal sein, wenn solche Kraftwerke in den Niederlanden, Frankreich oder Schweden weiterlaufen.
Allerdings ist das, was jetzt als Gesetzesvorschlag vom Senat an die Presse ging, eher ungenügend. Geplant ist das Verbot des Transports von Kernbrennstoffen. Dies ist ein feststehender Begriff aus dem Atomgesetz und bezeichnet ausschließlich Stoffe mit angereichertem Uran oder Stoffe, die Plutonium enthalten. Nicht erfasst werden damit jedoch ein Großteil der Transporte - die trotzdem für den Betrieb von Atomkraftwerken benötigt werden. Dazu gehören die Transporte von nicht angereichertem Uranhexafluorid (UF6), abgereichertem UF6 (z.B. nach Russland) oder von Uranerz und sogenanntem Yellow Cake (Rohuran). Für ein Kilogramm angereichertes Uran werden 6,5 Kilogramm Natururan benötigt. Die Transporte des Urans für Atomkraftwerke machen aber einen Großteil aller Transporte über die Bremer Häfen aus. Die Gesetzesinitiative des Senats würde nur einen Bruchteil dieser Transporte erfassen. Er sollte daher noch überarbeitet werden, damit er sein Ziel erreicht.Bernhard Stoevesandt, Bremen