„Die Rechte der Politik werden gestärkt“

Mit der Reform des Bundesnachrichtendienstes soll mit den Alleinherrscher-Allüren im BND Schluss gemacht werden

ERICH SCHMIDT-EENBOOM, 53, publiziert zu Geheimdiensten und leitet das Forschungsinstitut für Friedenspolitik im oberbayrischen Weilheim. Er wurde selbst vom BND überwacht.

taz: Herr Schmidt-Eenboom, als Antwort auf die Abhör-Skandale der letzten Monate soll der Bundesnachrichtendienst bis 2009 reformiert werden. Kann die Politik den BND dadurch in den Griff bekommen?

Schmidt-Eenboom: Die Rolle der Politik gegenüber dem Auslandsgeheimdienst würde auf jeden Fall gestärkt. Allein schon die Diskussion um die Reform hat dazu beigetragen. Nie zuvor hat das Bundeskanzleramt so deutlich bekundet, dass es den BND nach seinen Vorstellungen reformieren will. Und es hat diesen Willen auch gegen den BND-Präsidenten Ernst Uhrlau durchgesetzt.

Ein großes Problem war doch immer: Die Leiter der großen Abteilungen regierten wie absolutistische Fürsten. Der Präsident erfuhr oftmals erst hinterher, was eigentlich schiefgelaufen war. Nutzen die Reformen gegen diese Missstände?

Ja. Künftig wird es drei Vizepräsidenten geben und deren Stellen werden frei ausgeschrieben und zumeist nicht von BND-Leuten besetzt. Einer wird aus dem Auswärtigen Amt kommen, einer von den Streitkräften und einer – das ist aber noch nicht ganz geklärt – wahrscheinlich vom BND. Diese Stellen sind zudem zeitlich befristet, so dass sich die Macht nicht wie im bisherigen Maße bei den Abteilungsleitern konzentrieren kann und sie relativ unkontrolliert tun und lassen können, was sie wollen. Außerdem wird es künftig vier zusätzliche Planstellen im Kanzleramt geben, die allein für die Kontrolle des BND zuständig sind.

Das Leitmotiv der Reform scheint zu sein: Mehr Macht für Präsident und Kanzleramt. Wäre es nicht besser, dem Parlament mehr Kontrollrechte zu geben?

Sie dürfen das nicht gegeneinander ausspielen. Es ist richtig, dass mehr Kontrollrechte für das Parlament eingeführt werden müssen. In den USA gibt es ja sogar Anhörungen über die Verteilung des Geldes und den Zweck der Dienste. Das sollte auch hier möglich sein. Allerdings scheuen die BND-Mitarbeiter diese Offenheit, weil die deutschen Parlamentarier sehr viel redseliger sind als ihre Kollegen in anderen Ländern. Die meisten Geheimdienstler sind der Meinung: Wenn man dem Parlament etwas sagt, kann man es auch gleich als Pressemitteilung veröffentlichen.

Wird die neue Struktur die Bespitzelung von Journalisten durch den BND verhindern können?

Hundertprozentig sicher nicht. Aber dass das Kanzleramt hier so hart durchgegriffen hat, zeigt, dass man solche Skandale in Zukunft nicht mehr will.

Weil er Journalisten ausspioniert und umstrittene Aktionen im Ausland durchgeführt hat, wird der Bundesnachrichtendienst (BND) vom Bundeskanzleramt von Grund auf renoviert. So werden unter anderem die beiden mächtigsten Abteilungen zerschlagen, die derzeit noch für die Beschaffung und die Auswertung geheimer In-formationen zuständig sind. Diese tendierten unter ihren Chefs besonders dazu, eigenmächtig zu handeln. Künftig soll die Rolle des Präsidenten gestärkt werden. Der BND hat derzeit 6.000 Mitarbeiter, davon 180 so genannte Residenten im Ausland. DAS

Es gab auch Belege dafür, dass Sie für den BND Kollegen ausspioniert haben. Verliert man in diesem Job irgendwann seine Neutralität?

Ich habe meine Neutralität jedenfalls nicht verloren. Die Belege, von denen Sie sprechen, waren vom Dienst selbst gestreut, um mich zu belasten. Hans Leyendecker von der Süddeutschen Zeitung, der damals von mir behauptet hat, ich sei ein Informant des BND gewesen, hat den Prozess in allen Punkten verloren. Damit ist dieses Kapitel für mich abgeschlossen. INTERVIEW: DANIEL SCHULZ