LESERINNENBRIEFE
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Wer die Lupe vergisst

■ betr.: „Keine neue Erkenntnis“, Leserbrief von J. Engels, taz vom 17. 2. 15 zu „Schokoriegel mit Vitamin C“, taz vom 11. 2. 15

Sehr geehrte Frau Engels, Ihrer Ansicht nach liegt es auch in der Hand des Konsumenten, sich genauer mit Inhaltsstoffen zu beschäftigen und diese kritisch zu begutachten. Nach der neuesten EU-Verordnung sind die Inhaltsstoffe auf den Verpackungen mit einer Schriftgröße von mindestens 1 mm anzugeben. Das ist genau die richtige Größe für Rentner wie uns. Wer die Lupe vergisst, hat schlechte Karten beim Einkauf. Von den anderen erlaubten Tricks der Verschleierung ganz zu schweigen.

Es ist wie von Orwell in „1984“ beschrieben: Im Ministerium für Liebe wird gefoltert. Unser Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz dient analog dazu weniger dem Schutz der Verbraucher als vielmehr dem Schutz der Lebensmitteltrickser. Na, wenigstens haben die Trickser bei Ihnen keine Chance. Wie erfreulich. MARGOT KREUZER, HARALD KREUZER, Penzberg

Sicherheit durch Sichtbarkeit

■ betr.: „Rücksicht steckt an“, taz vom 20. 2. 15

Seid vorsichtig und rücksichtsvoll, und das Fahrradfahren wird zum Vergnügen? Ich denke, Richard Rother irrt sich. Das 60er-Jahre-Leitbild der autogerechten Stadt hat unsere Straßen verändert und im gleichen Maß auch das Denken von Planern, Politikern und Bürgern. Moderne Konzepte enthalten andere Lösungen einschließlich des Rückbaus von Radwegen, Tempolimits für den motorisierten Verkehr, Fahrradstraßen, Fahrradspuren, Aufstellflächen an Ampeln vor den Autos und so weiter.

Städte mit einem hohen Radverkehrsanteil haben ihre Erfolge nicht durch besonders nette und rücksichtsvolle Verkehrsteilnehmer erreicht, sondern durch eine neue Verkehrspolitik, die sich gelegentlich sogar traut, den Fahrradverkehr gegenüber dem motorisierten Verkehr zu bevorzugen. Sicherheit für Radfahrer entsteht insbesondere durch Sichtbarkeit und nicht zu hohe Geschwindigkeiten. Rücksichtsvolles Verhalten ist natürlich in jedem Fall äußerst wünschenswert – bei allen Verkehrsteilnehmern! HEIKE BAUMANN, Lübeck

Platz und Sicherheit für alle

■ betr.: „Rücksicht steckt an“, taz vom 20. 2. 15

Es ist erstaunlich, welchen Schwung der Kommentar aufnimmt, wenn er den Anlass (den Fahrradklimatest des ADFC) beiseite wischt mit dem Gedanken, dass sich nicht jedes Problem im (Rad-)Verkehr baulich lösen lässt. Mit Elan drischt Herr Rother nun auf sich unflätig verhaltende Radfahrer ein. Wenn Radfahrer anfangen würden, Rücksicht auf andere zu nehmen, dann wäre das so ansteckend, dass sich andere Verkehrsteilnehmer ebenfalls rücksichtsvoll verhalten.

Als viel fahrender Alltagsradfahrer weiß ich: Es würde das Bedrängtwerden durch zu dicht vorbeifahrende Autos oder das Angehuptwerden, weil ich legalerweise auf der Fahrbahn radle, nicht mindern. Ich stimme zu, dass alle rücksichtsvoller miteinander im Verkehr umgehen sollten – aber bitte alle gleichermaßen. Und: Auch wenn in der Tat nicht alle Probleme baulich zu lösen sind, wäre es doch sinnvoll, gingen die Städte und Kommunen die möglichen Veränderungen zügig an, damit ein entspannteres Verkehrsklima auf den Straßen möglich wird. Platz und Sicherheit für alle Verkehrsteilnehmer steckt an. ROLAND BRÜHE, Köln

Gelder abziehen und umlenken

■ betr.: „Keine Kohle für Großbritannien“, taz vom 18. 2. 15

Der Bericht zeigt, mit wie großen Widerständen die Organisation Fossil Free mit der Kampagne Divestment zu rechnen hat. Auch unser aller Steuergelder werden, sanktioniert durch die EU-Kommission, in immer risikoreichere Techniken zur Gewinnung von Energie aus fossilen Quellen investiert. In der Kommission gibt es offenbar keine Wahrnehmung der Dramatik der Erderwärmung. Die riesigen Kosten für AKWs müssten in England in Windkraft und „Power To Gas“ investiert werden. Stattdessen werden die AKWs am Ende ihrer Laufzeit durch den teuren Rückbau zum Ruin der Volkswirtschaft führen oder mangels Geld und Endlager langsam zerbröseln.

Überzeugender als „Divestment“ ist sicher die „Divest-Invest-Initiative“, die in USA bereits erfolgreich dazu geführt hat, dass Gelder von Unternehmen, die die Erderwärmung befeuern, umgeleitet werden in solche, die das Klima schützen. ANITA SCHWAIER, Angermünde

Hochrisiko-Technologie

■ betr.: „Keine Kohle für Großbritannien“, taz vom 18. 2. 15

Der angekündigte Ausstieg aus dem Kohlekraftwerksbau in GB (und in der BRD) ist sehr klug. Dazu passt aber nicht die Förderung des geplanten Kohlekraftwerkes im nordenglischen Selby durch die EU mit 300 Millionen Euro. Die geplante Abscheidung der CO2-Emissionen und die „Speicherung“ für 10.000 Jahre unter der Nordsee (CCS: Carbon Capture und Storage) ist kein Klimaschutz, sondern eine Hochrisiko-Technologie, die keine Versicherung versichern will.

CCS wird aber weiterhin massiv von Energiekonzernen, Investoren, der EU und Wissenschaftlern befeuert. Die Ursprungsidee der CO2-Verpressung stammt von den Erdöl- und Erdgasförderern mit dem Ziel, die letzten Tropfen Erdöl und Erdgas aus fast ausgeförderten Feldern herauszuquetschen. Jedwede Investition in CCS ist Verschwendung von Steuergeldern. Kohlebefürworter verharren im vorigen Jahrhundert! BERNHARD RENSINK, Stadum