: Pegida fälscht besser
BACHMANN Blogger weist nach: Ein vom Pegida-Gründer verlesenes angebliches Schreiben von Holocaust-Überlebenden wurde erfunden
DRESDEN taz | Eine am 9. Februar in Dresden verlesene angebliche Grußbotschaft von Holocaust-Überlebenden an Pegida-Anhänger ist eine Fälschung. Das weist der Blogger Andreas Schweitzer nach, der sich mit den vermeintlichen Urhebern des Schreibens in Verbindung gesetzt hat. Auf der Kundgebung der inzwischen gespaltenen Pegida-Bewegung hatte Gründer Lutz Bachmann das Ehepaar Ingrid und Otto Wustrack aus Hannover zitiert. Doch die von ihm verlesene Fassung ist nach Erkenntnissen Schweitzers das Produkt des Marketingunternehmers Jörg Haller aus Hannover.
In der auf dem Neumarkt vorgetragenen Botschaft werden die „lieben Dresdner“ gelobt, weil sie gegenüber einem islamistischen Geist nicht geschwiegen hätten. Dieser bedrohe unser aller Freiheit, verfolge Christen und Säkulare als Ungläubige und Menschen zweiter Klasse. Anschließend wird ein langes angebliches Schreiben der Wustracks an den Präsidenten des Zentralrates der Juden, Josef Schuster, zitiert.
Blogger Schweitzer, dessen „Sachsenkurier“ im Netz lebhaft besucht wird, telefonierte daraufhin lange mit dem 85-jährigen Otto Wustrack.
Das Ergebnis fiel eindeutig aus: Die angebliche Grußbotschaft ist von den Wustracks weder verfasst noch autorisiert worden. Der jüdische Holocaust-Überlebende distanzierte sich vielmehr von den Dresdner Pegida-Initiatoren und Hintermännern, die ihm „suspekt“ erscheinen.
Jörg Haller, den Otto Wustrack als „ein wenig verrückt“ bezeichnet, engagiert sich unter anderem in Organisationen wie den „Israelfreunden“ und dem „Deutschen Israelkongress“.
Zu Hallers Facebook-Freundeskreis aber zählen nach Recherchen Schweitzers die Sicherheitsexperten Siegfried Däbritz und Achim Exner aus dem ehemaligen Pegida-Orga-Team, ebenso die Pegida-Dissidentin Kathrin Oertel. Auch der Publizist Udo Ulfkotte und der rechtsintellektuelle Herausgeber der Zeitung „Blauen Narzisse“, Felix Menzel, sind dort zu finden. MICHAEL BARTSCH