: Bürger wollen Bäume retten
BAUMASSNAHMEN In Steilshoop sollen 20 Platanen und Eichen einem neuen „Housing Improvement District“ weichen . Die Linke beantragt ein Baummoratorium, ein Baum wurde schon angesägt
„Lasst mich stehen“ steht auf den Plakaten von den kahlen Winterästen der amerikanischen Eichen und Platanen. Sie lassen erahnen, welche optische Wirkung diese Bäume im Frühling haben werden, wenn die achtgeschossigen Wohnhäuser der Großsiedlung Steilshoop dahinter verschwinden. „Es blüht hier alles. Es riecht nach Kastanien. Man hört die Vögel zwitschern“, schwärmt Bewohner Berhard Korfin. Er ist einer von etwa einem Dutzend Aktivisten, die verhindern wollen, dass in dieser Woche die Kettensäge Fakten schafft.
Steilshoop wird verschönert, heißt es offiziell. Gegenüber dem Einkaufszentrum soll ein Marktplatz mit großen Sitzbänken entstehen. Die Pläne wurden der Stadtteilkonferenz im November gezeigt. Doch dass dies bedeutet, dass dort 20 Bäume gefällt werden, „ist uns entgangen“, sagt Anwohner Martin Kersting. „Wir sind erst vor anderthalb Monaten informiert worden“, ergänzt die Sprecherin der Stadtteilkonferenz Marina Martins. „Das war viel zu knapp, um sich zu beteiligen.“
Doch seit Montag zeugen Halteverbotsschilder einer Gartenbaufirma davon, dass bis zum 26. Februar die Fällarbeiten geplant sind. An einem Baum vor dem Stadtteil-Café ragt nur noch ein Hauptast in die Höhe. „Da hab ich mich Montag früh drunter gestellt. Da haben die aufgehört zu sägen“, sagt Kersting. Die Aufregung ist groß. Dienstagabend kamen Mitarbeiter des Bezirks Wandsbek und erklärten den Bürgern, dass die Fällung bis zum 28. Februar geschehen muss, weil danach die Vogel-Brutzeit beginnt.
„Wir fordern ein Baummoratorium“, sagt Kersting. Da ohnehin erst im dritten Quartal mit den Bauarbeiten begonnen werden soll, könne die Fällung bis Oktober ausgesetzt werden. So einen Antrag hat die Linkspartei für den heutigen Donnerstagabend in die Bezirksversammlung Wandsbek eingebracht. „Die Bezirksamtsleitung muss die Fällaktionen stoppen“, sagt der Steilshooper Abgeordnete Julian Georg. Dann könne man am runden Tisch klären, wie die seit 40 Jahren gewachsenen Bäume in die Pläne integriert werden.
In dem in den 70ern auf dem Reißbrett geplanten Stadtteil wird die gesamte Mittelachse umgestaltet, östlich und westlich vom Zentrum geschieht dies durch private Betreiber als so genannter „Housing Improvement District“. Eben deshalb habe es kaum Bürgerbeteiligung gegeben, kritisiert Kersting. „Das Modell hat sich nicht bewährt.“ Ein Argument für die zügige Fällung ist, dass eine Verzögerung die Baumaßnahmen der privaten Betreiber negativ beeinträchtigt.
Nun rennt die Zeit. Ob der Antrag der Linkspartei Wirkung zeigt oder die Bäume zum Zeitpunkt der Debatte heute Abend schon gefällt sind, konnte Bezirksamtssprecherin Lena Voß nicht sagen. „Ich weiß nicht, wie damit umgegangen werden soll.“ Die Anwohner, berichtet Georg, wollten sich am Morgen wieder treffen, um die Bäume zu schützen. KAIJA KUTTER