Opa ist schon etwas wunderlich

betr.: „Sorry, Hassprediger“, taz vom 30. 10. 07

auch die taz bekommt keine klarheit in die frage, worin eigentlich die verirrung in volker becks begriffswahl „hassprediger“ liegt. hier mein versuch: hassprediger sind diejenigen, die zur vernichtung der ungläubigen und der usa aufrufen. das hat kardinal meisner nicht getan, kann also nicht hassprediger genannt werden. meisner hat in der homoehe und der toleranz ihr gegenüber den quell der verderbtheit der menschheit ausgemacht. wären die homosexuellen eine ethnie, dann erfüllte das wohl den tatbestand des rassismus.

herr meisner vermied bisher jedoch weiterführende erklärung, was die „unverderbten“ zu tun haben gegen die „verderbten“. darf man sich aber denken! auch die analogie mit dem antisemitismus verbietet sich hier, homosexualität ist ja keine religion. kurz, das unsägliche an der äußerung von kardinal meisner ist in der tat schwierig auf einen begriff zu bringen. radikaler fundamentalismus triffts vielleicht noch am besten, menschen in frage stellende gegnerschaft aus antiquierter glaubens- und gemütslage heraus.

warum ist herr meisner dennoch kein fall für die beobachtung durch den verfassungsschutz? (im gegensatz zu npd, muslimen oder der linken) weil er einer institution angehört, die unlängst festgestellt hat, ihr umspringen mit galilei war doch nicht ganz einwandfrei. die allgemeine bereitschaft hier, nachsichtig auf das ankommen gewisser herren in der moderne zu warten, ist offenbar groß.

schade, dass nicht wenigstens die taz das thema gebührend aufgreift, wenn es denn schon durch eine provokante begriffswahl von volker beck in die welt kam. seine unschärfe wiegt allemal geringer, als dass kirchenfürsten unter der rubrik „opa ist schon etwas wunderlich“ übel diskriminierende aussagen öffentlich treffen dürfen, die den boden frei äußerbarer meinung längst verlassen haben.

INGO WITZMANN, Berlin

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