Verglühende Sonne am Börsenhimmel

Die Solarfirma Conergy gerät in ernste Finanzprobleme. Dabei boomt die Sonnenenergie-Branche gerade

FREIBURG taz ■ Vom Börsenstar zum Sanierungsfall: Das einst erfolgsverwöhnte Hamburger Solarunternehmen Conergy AG ist in schwere Turbulenzen geraten. „Alles deutet darauf hin, dass sich das Management verzettelt hat“, sagt Markus Neumann von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK).

Überraschend ist das in einer Zeit, in der die Solarbranche fast ausnahmslos prächtig gedeiht. Doch Conergy war durch Zukäufe immer mehr zu einem Gemischtwarenladen ohne erkennbare Strategie geworden: Ob Windkraft, Bioenergie oder Wärmepumpe, ob in Deutschland oder wo auch immer in der Welt – der Expansionsdrang der Conergy kannte keine Grenzen.

Lange Zeit kam das bei Investoren sogar gut an. Anfang Oktober jedoch sorgte dann erstmals die Personalpolitik für Befremden: Finanzvorstand Heiko Piossek wurde plötzlich abberufen und durch den Schering-Manager Jörg Spiekerkötter ersetzt, obwohl nach außen hin noch immer kein Grund für den Wechsel ersichtlich war. Üblicherweise sind solche Personalien ein Indiz für eine schwere Schieflage im Unternehmen, doch diesem Eindruck widersprach Conergy und beharrte noch darauf, seine gesteckten Gewinnziele zu erreichen.

Lange jedoch ließ sich die wahre Finanzlage nicht mehr kaschieren. Am vergangenen Mittwoch musste die Firma selbst von einem „aufgetretenen Liquiditätsengpass“ berichten. Und auch davon, dass im Rahmen eines „sehr kurzen Entscheidungsprozesses“ unter anderem Altaktionäre dem Unternehmen mit 100 Millionen Euro aus der Patsche helfen mussten. Statt eines Gewinns wird nun für das laufende Jahr mit einem Verlust gerechnet. Weil die Daten so zögerlich kamen, sprechen Branchenkenner von einer „katastrophalen Informationspolitik“ und stellen sogar die Frage, ob das Unternehmen seinen Publikationspflichten – wie sie für börsennotierte Gesellschaften gelten – in vollem Umfang nachgekommen ist.

Der Unternehmensgründer und Vorstandsvorsitzende Hans-Martin Rüter nimmt unterdessen seinen Hut; seinen Posten übernimmt der Aufsichtsratschef und frühere Tchibo-Manager Dieter Ammer. Dieser soll nun so lange in dem Amt bleiben, bis ein neuer Firmenchef gefunden ist. Als Stellvertreter wurde gestern bereits Pepyn R. Dinandt benannt, der zuvor unter anderem für Hewlett Packard und die Unternehmensberatung McKinsey tätig war.

Den gewaltigen Problemen entsprechend, war auch der Kurseinbruch gravierend: Der Wert der Conergy-Aktie fiel nach einem Allzeithoch von fast 70 Euro Anfang Oktober auf inzwischen 27 Euro – ein Verlust von mehr als 60 Prozent.BERNWARD JANZING