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Archiv-Artikel

Ärger über den Bundesnachrichtendienst

NSA-AUSSCHUSS Weil die Agenten dem NSA-Untersuchungsausschuss immer wieder Akten vorenthielten, muss der Geheimdienst nun nachsitzen – und alle Ausschussakten noch einmal neu bewerten

BERLIN taz | Christian Flisek hat die Nase voll. In einer der Sitzungspausen des NSA-Untersuchungsausschusses steht der Obmann der SPD-Bundestagsfraktion vor der Presse, sein Kopf ist rot. Es sei ja nicht das erste Mal, dass so etwas geschehe, aber irgendwann, sagt er, muss auch mal Schluss sein. Er ist empört. Seine Kollegen aus den anderen Fraktionen sind es auch.

Der Grund: Die Abgeordneten im parlamentarischen Untersuchungsausschuss fürchten, vom deutschen Auslandsgeheimdienst, dem Bundesnachrichtendienst (BND), nur unvollständig informiert worden zu sein. Zuletzt hatten sie herausgefunden, dass angeforderte Akten erneut nicht vollständig übermittelt worden waren – und das, obwohl BND und Bundeskanzleramt den Abgeordneten eine sogenannte Vollständigkeitserklärung abgaben. Das ist eine Garantie dafür, dass dem Gremium, das vom Bundestag zur Aufklärung der NSA-Spähaffäre eingesetzt wurde, die angeforderten Beweismittel vollständig vorgelegt wurden. Die Abgeordneten müssen das glauben. Eine andere Möglichkeit zur Überprüfung haben sie nicht. Doch was, wenn das Parlament auf diese Garantie nicht mehr vertrauen kann?

Christian Flisek nennt die Angelegenheit einen „gravierenden Vorfall“. Er und seine Kollegen zitierten BND-Chef Gerhard Schindler am Donnerstag zur Aussprache vor den Ausschuss. Der soll sich im geheimen Teil der Sitzung für die Panne entschuldigt haben und den Vorgang als Versehen dargestellt haben. Die Folge: Jetzt muss seine Behörde ordentlich nachsitzen. Der Bundesnachrichtendienst muss nun sämtliche Unterlagen, die den Parlamentariern bislang vorgelegt wurden, erneut einer sensbilen Vollständigkeitsüberprüfung unterziehen. Das könnte – schlimmstenfalls – folgenreich enden. Die Obfrau der Linksfraktion, Martina Renner, sagte: „Sollte sich herausstellen, dass das kein Einzelfall war, müssen wir erwägen, auch die Zeugenvernehmung komplett zu wiederholen.“ Schon in der Vergangenheit war es wiederholt vorgekommen, dass sich Zeugen auf der Grundlage von Akten auf die Ausschusssitzung vorbereitet hatten, die den Abgeordneten vorenthalten worden waren.

Das Vertrauensverhältnis zwischen Parlamentariern und dem Geheimdienst ist ohnehin angeknackst. Zahlreiche Vorfälle führten in der Vergangenheit immer wieder zu Spekulationen darüber, inwieweit Bundeskanzleramt und BND die Aufklärungsarbeit des Parlamentes torpedierten. MARTIN KAUL