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Archiv-Artikel

Schuldnerberatungsstellen befürchten Aus

Der Vertrag der Stadt mit den Trägern ist wahrscheinlich rechtswidrig, eine Verlängerung nach dem 31. Dezember wäre damit unzulässig. Klienten und Berater stünden auf der Straße. Die Sozialbehörde müsse handeln, fordern die Berater

Die Schuldnerberater befürchten, dass sie ab dem 1. Januar nicht weiterarbeiten können – zumindest vorläufig. Schuld daran sei die Sozialbehörde, die nicht die nötigen Konsequenzen aus einem Beschluss der Vergabekammer vom Juli ziehe. Die Kammer hatte die Übertragung der Schuldnerberatung an sieben private Einrichtungen ab Juli 2006 in der gewählten Form für unzulässig erklärt. Das Oberlandesgericht habe in einer mündlichen Verhandlung vom 31. Oktober angedeutet, dass es das ähnlich sehe, sagt Matthias Brömmel von der Landesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung.

„Der Senat lobt zwar die Tätigkeit und den Erfolg der privaten Schuldnerberatungsstellen, macht aber keinerlei konkrete rechtsverbindliche Aussagen zur Schuldnerberatung ab Januar 2008“, kritisiert Brömmel. Die Beratungsstellen könnten deshalb nicht planen. Mitarbeiter mit befristeten Verträgen hätten sich bereits als arbeitssuchend melden müssen. Auch die Ratsuchenden müssten vertröstet werden. Es drohe die kurzfristige Schließung der Wartelisten und ein Stillstand der Schuldnerberatung. Die Wartezeit beträgt zurzeit ein halbes Jahr.

„Die Situation ist für die Beratungsstellen und für die Ratsuchenden unzumutbar“, sagt Brömmel. Die Stellungnahme des Oberlandesgerichts sei eindeutig. Dass Sozialsenatorin Birgit Schnieber-Jastram das Urteil abwarten wolle, wie sie vergangene Woche in der Bürgerschaft gesagt habe, sei nicht nachvollziehbar. „Der Senat muss umgehend die Situation klären“, fordert der Vertreter der Landesarbeitsgemeinschaft.

Die Rechtswidrigkeit des Vertrages mit den Beratungsstellen sei noch nicht erwiesen, kontert Rico Schmidt, der Sprecher der Sozialbehörde. So oder so werde sich zum 1. Januar fürs Erste nichts ändern. „Fakt ist, dass es weitergeht“, versichert Schmidt. Die Beratungsstellen seien darüber informiert worden. Es sei der Behörde bewusst, dass die Träger einen Planungsvorlauf brauchten, weil sie Verpflichtungen ihren Mitarbeitern gegenüber eingegangen seien.

Die Behörde habe eine E-Mail geschickt, sagt der Schuldnerberater Brömmel. „Das ist nicht justiziabel.“ Die Beratungsstellen könnten damit schwerlich vor Gericht ziehen, vermutet er, zumal die Behörde keinerlei Angaben darüber gemacht habe, wie lange und in welchem Umfang die Beratung von den bisherigen Einrichtungen fortgeführt werden könne.

Die Schuldnerberatung ist auf Beschluss der CDU-Bürgerschaftsmehrheit ab 2003 schrittweise von den Bezirken auf private Einrichtungen übertragen worden. Seit dem 1. Juli 2006 gibt es dieses Angebot nur noch aus privater Hand. Die Stadt zahlt dafür eine erfolgsabhängige Pauschale. Während sich die Zahl der bearbeiteten Fälle über die Jahre seit 2001 nicht wesentlich verändert hat, werden nach Angaben des Senats heute viel weniger Verfahren abgebrochen als damals. 2001 geschah das in 640 Fällen, 2006 nur noch in 122 Fällen. GERNOT KNÖDLER