Wir zahlen einen hohen Preis

betr.: „Bremen fehlen Debatten“ und „Umzugsstress verschiebt Maßstäbe“ taz bremen 3. 11. / taz nord, 2. 11. 2007

Mich entsetzt das hässliche Zerrbild Radio Bremens, das ich in Ihrem Blatt wahrnehme. Als Journalist habe ich gelernt, dass harte Kritik auf solider Informationsbasis beruhen muss. Deshalb will ich versuchen, wenigstens einige wichtige Fakten nachzuliefern.

Ja, Radio Bremen ist im Stress. Seit Jahren fahren wir einen harten Sparkurs mit Stellenabbau und Programmeinschnitten, versuchen die Organisation zu reformieren und die Technik auf den Stand der Zukunft zu bringen. Alles zusammen kommt am neuen Standort auf den Punkt. Gerade jetzt müssen sich die Kolleginnen und Kollegen mit allen möglichen Widrigkeiten abkämpfen. Durch den Umzug blank gescheuerte Nerven, multimediale Arbeitsverdichtung sowie Aufgabe des Sendesaals – wir zahlen einen hohen Preis, um diesem Bundesland seine unabhängige Rundfunkanstalt zu sichern. Und ausgerechnet jetzt erlauben sich Zaungäste, diese Arbeit für nicht existent zu erklären. Das empört mich, und ich will mich hier in aller Form vor meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stellen.

Dass in Bremen der „Rundfunk publizistisch keine Rolle mehr spielt“, lässt sich schnell mal daherplappern. Wer sich aber die Mühe macht, die Programme des Senders täglich zu hören, zu sehen oder im Internet zu vertiefen; der kann – ich behaupte sogar sie oder er muss – sich vom Gegenteil überzeugen lassen. Radio Bremen TV mit buten un binnen, Bremen Eins mit den Rundschausendungen, das Nordwestradio mit den Journalen, Bremen Vier und Funkhaus Europa und so weiter. Für die Menschen in Stadt und Region spielt Radio Bremen sehr wohl eine publizistische Rolle.

Wir erleben das anhand qualitativer Diskussionen und schließen dies aus Messungen der Akzeptanz. Natürlich interessiert uns, ob unsere Angebote auch die Menschen erreichen. Wie sollen denn sonst Debatten entstehen – etwa vor leeren Rängen oder nur in sehr internen Zirkeln? Dabei ist die Quoten-Messung selbstverständlich nicht unser einziger Maßstab, sondern wichtiges Instrument.

Geschäftsleitung und Belegschaft von Radio Bremen haben die Finanzkrise nicht verursacht, sondern sie müssen sie bewältigen. Da geht es auch in heftigen Konflikten zur Sache. Bevor wir aber beispielsweise zur ultima ratio einer arbeitsrechtlichen Auseinandersetzung greifen, versuchen wir alle möglichen gütlichen Wege.

Das war auch in dem Fall eines Redaktionsleiters, den Sie thematisieren, über viele Monate so. Darüber hinaus darf ich Ihnen versichern, dass derlei Situationen nicht aufgrund von Lappalien entstehen, sondern wegen schwerster Störungen im dienstlichen Miteinander. Als Arbeitgeber kann man dies öffentlich nicht detailliert aufgreifen. Aber zum Opfer der Angelegenheit möchte ich doch noch etwas sagen: Frau Lübke hat seit Jahren für Radio Bremen als Moderatorin, Autorin und Redakteurin exzellente und anerkannte Arbeit geleistet. Ihre Position als Leiterin Dokumentationen hat sie im Rahmen eines transparenten Ausschreibungsverfahrens (Personalratsbeteiligung inklusive) erreicht. Sie wurde weder „vom Direktorium eingesetzt“, noch wirkt sie als „Teil einer illegalen Hierarchisierung“.

Es fehlen ja angeblich Debatten in Bremen: Vielleicht halten Sie deswegen ja die Veröffentlichung dieser Gegenrede in der taz aus.

DIRK HANSEN, RADIO BREMEN-PROGRAMMDIREKTOR