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Archiv-Artikel

Das Schweigen ist nicht laut genug

SILENTMOB Einige hundert Menschen bei Gedenken an Nazi-Opfer. Vielen Teilnehmern reicht das nicht

Auch in Berlin trafen sich am vergangenen Samstag wieder Menschen, um mit einer Schweigeminute ein Zeichen des Gedenkens an die Opfer der Nazi-Mordserie und gegen Rassismus zu setzen. Mehrere hundert Menschen beteiligten sich um 13 Uhr an einem „Silentmob“ am Brandenburger Tor, wo sie schweigend weiße und rote Rosen niederlegten. Mit der Aktion wolle man für Respekt, Demokratie und Solidarität eintreten, hieß es in einer Veranstaltungsankündigung auf Facebook. Die Farben der Rosen sollten zum einen an die NS-Widerstandsgruppe „Weiße Rose“ und zum anderen an die norwegischen Terroropfer erinnern, deren mit roten Rosen gedacht wurde.

Viele Teilnehmer nannten die Zeremonie bewegend. Dass vergleichsweise wenig Menschen gekommen waren, fand die Autorin Hatice Akyün nicht enttäuschend: „Jede Bewegung fängt klein an“, sagte sie. „Hier sind lauter junge Menschen, die sich sichtbar gegen Rassismus einsetzen.“ Für den Grünen-Abgeordneten Özcan Mutlu war es eine „tolle Initiative von jungen Menschen, mit Schweigen auf das Schweigen der Sicherheitsbehörden zu reagieren“. Er wünsche sich, „dass solche Aktionen jeden Samstag stattfinden“.

Nicht alle waren so zufrieden. Dass die Aktion am Brandenburger Tor stattfand, konnte Perihan Secmen nicht verstehen. Die Teilnehmerin kritisierte, es gebe dort zu viele Touristenattraktionen, die mehr Aufmerksamkeit bekämen. „Es geht bei so einer Veranstaltung auch um Respekt“, sagte die 39-Jährige. „Den können wir den Toten nicht an einem Ort erweisen, wo Tänzer ein größeres Publikum haben.“

Die Politikstudentin Tuba Yücel fand es „Scheiße, das so wenige Leute da waren“. Auf Facebook hätten sich fast 600 Leute angekündigt. „Wo sind die?“, fragte die 25-Jährige. „Die Menschen sind weltverdrossen und meinen, das geht sie nichts an. Aber das hätte jeden treffen können.“

„Wütend“ reagierte die Sozialarbeiterin Özlem T. auf das mangelnde Interesse. „Ich habe Lust, mich zu radikalisieren“, sagte sie.

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