: NEUES AUS NEUSEELAND: SCHWEINE STATT SCHEINE
VON ANKE RICHTER
Der Euro wackelt, die Krise droht: Hilfe! Räum ich jetzt noch schnell mein deutsches Konto leer und lass mir die paar Kröten nach Übersee – was für ein wunderbares, vom Aussterben bedrohtes Wort – überweisen? Ach was! Besser umdenken als Panik schieben. Liebe Europäer, ich gebe euch jetzt einen Finanztipp, gegen den auch „Occupy Wallstreet“ sicher nichts einzuwenden hat: Macht es wie die Südseeinsulaner. Zahlt mit Schweinen statt Scheinen.
Dass die Währung mit Speckschwarte noch oder wieder im Umlauf ist, hat die vor Kurzem in Neuseeland glorreich beendete Rugby-Weltmeisterschaft ans Tageslicht gebracht. Mathew Vaea, Manager der samoanischen Nationalmannschaft, wurde nämlich vorige Woche in seinem Heimatdorf Leauva’a zu einer Strafe von hundert Schweinen verdonnert.
Sein Vergehen: Während der WM habe er sich nicht um seine Mannen gekümmert, sondern ging lieber Golfspielen und trinken. Tagelang war Vaea verschwunden, so beklagte sich der Kapitän über den Manager, und nicht mal die Trikots fürs Team habe der Schluckspecht dabei gehabt. „Er hat das, was wir im Volksmund als ‚geknickten Ellbogen‘ bezeichnen.“ Ein einziger feuchtfröhlicher Urlaub, der Samoa nicht nur schlechte Presse bescherte, sondern auch ein miserables Ergebnis auf dem Spielfeld: Die Insulaner flogen schon im Viertelfinale raus.
Als der Rugby-Manager nun von den Ältesten seines Dorfes zu der Schweinestrafe verdonnert wurde, versuchte er die Schande auf westliche Art wettzumachen: Er zahlte statt der Borstenviecher lieber 2.000 samoanische Tala – damals umgerechnet 617 Euro – und entschuldigte sich. Ein Nachfolger für ihn wird gerade gesucht.
Ein paar tausend Kilometer weiter, im etwas zivilisierteren Neuseeland, wird zwar noch mit Dollar bezahlt. Aber seltsame Strafen sind auch hier an der Tagesordnung. Okay, nicht täglich, aber immerhin alle drei Jahre. Am letzten Samstag haben wir Kiwis gewählt, was ja für viele Länder eigentlich ganz normal ist. Auch, dass der konservative Premierminister weiterregieren darf – dafür haben das Katastrophenjahr und der Sieg bei der Rugby-WM gesorgt. Etwas seltsam ist nur, dass bei uns am Wahltag zwischen neun Uhr morgens und sieben Uhr abends nicht übers Wetter berichtet werden darf, wenn zugleich das Wort „Wahllokal“ fällt.
„Sturmtief im Anmarsch – hoffentlich werden Sie nicht vor der Wahlurne weggepustet“ oder „den ganzen Tag Sonnenschein – da bleibt man wohl lieber am Strand“: Radiosprecher, die so etwas in aller Unschuld verkünden, machen sich strafbar. Ja, so steht es in der Verfassung, Paragraf 197: Öffentliche Meldungen, die am Wahltag das Wetter mit der Wahlbeteiligung verbinden, sind verboten und können mit bis zu 20.000 Neuseeland-Dollar bestraft werden.
Keine Ahnung, wie viel das jetzt genau in Euro ist – immerhin liegen ein paar Stunden zwischen dem Schreiben dieser Zeilen und dem Andruck der Zeitung, da kann viel passieren. In Samoa wären es auf jeden Fall 1.823 Schweine.