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Archiv-Artikel

Das Bundesland Waldorf ist größer als Bremen

WACHSTUM In den letzten zehn Jahren nahm die Schülerzahl an Waldorfschulen um 13,5 Prozent zu – auf bundesweit mehr als 84.000 Jungen und Mädchen

Von AW
Trotz des Booms: Im internationalen Vergleich ist der Anteil freier Schulen in Deutschland nach wie vor unterdurchschnittlich

Waldorfschulen erfreuen sich bundesweit wachsender Beliebtheit – in den letzten zehn Jahren nahmen die Schülerzahlen um 13,5 Prozent zu, mittlerweile besuchen zwischen Aachen und Zittau mehr als 84.000 Jungen und Mädchen diese Sparte der Freien Schulen. Diese Zahl hat der Bund der Freien Waldorfschulen (BdFWS) gerade veröffentlicht. Damit besuchen so viele SchülerInnen eine Waldorfschule, dass sie rein rechnerisch mit der Gesamtzahl von Pennälern einiger kleinerer Bundesländer mithalten können.

„Das ,Bundesland Waldorf‘ wäre zurzeit zwischen Bremen und Saarland anzusiedeln“, so Thomas Rohloff, Leiter der Abteilung Bildungsdaten und -analysen beim BdFWS. „Im Schuljahr 2012/13 hatte Bremen 65.716 Schüler, die Freien Waldorfschulen 84.763 und das Saarland 94.352, so gesehen wären die Waldorfschulen das neue 16. und Bremen das 17. Bundesland“, so Rohloff weiter.

Würden die heilpädagogischen Schulen in den offiziellen Daten des statistischen Bundesamtes Berücksichtigung finden, fiele der Vergleich sogar noch günstiger für die Waldorfschulen aus. Henning Kullak-Ublick vom BDFWS-Vorstand sieht das als Erfolg für alternative Schulmodelle insgesamt: „Freie Schulen sind in Deutschland keine exotische Ausnahme mehr, sondern mitten in der Zivilgesellschaft angekommen, und daran haben auch die Waldorfschulen ihren Anteil.“ Die Politik müsse zukünftig dem Elternwillen, der in dieser Entwicklung zum Ausdruck komme, stärker Rechnung tragen, insbesondere durch eine angemessene Finanzierung der freien Schulen, die allen Familien den Zugang ermögliche. Das Elternvotum interpretiert Kullak-Ublick als ein deutliches Zeichen gegen gegen staatliche Einheitsschulen. In den Kernforderungen des BdFWS werde festgestellt: „Monokulturen führen zur Verarmung, Vielfalt hingegen zu einer lebendigen Entwicklung.“

Die Schülerzahlen an allgemeinbildenden Schulen in freier Trägerschaft sind insgesamt sogar um knapp 24 Prozent auf insgesamt 730.000 gestiegen. Dem BdFWS zufolge verlief diese Entwicklung jedoch in den alten und neuen Bundesländern sehr verschieden: In den alten Ländern sei die Zahl der Schüler an freien Schulen seit 2004 um 13,8 Prozent gestiegen, in den neuen Ländern dagegen sogar um 122,3 Prozent. In Ost wie West besuchen jetzt 8 Prozent der SchülerInnen eine nichtstaatliche Schule.

An der Spitze stehen Bayern (11,6 Prozent), Hamburg (10,6 Prozent), Bremen (10,3 Prozent) und Mecklenburg-Vorpommern (10 Prozent), die Schlusslichter der Statistik bilden Hessen (6,9 Prozent), Niedersachsen (6 Prozent) sowie Schleswig-Holstein (4,6 Prozent).

Trotz des Booms im freien Schulwesen liegt Deutschland im internationalen Vergleich immer noch zurück: im OECD-Durchschnitt betrug der Anteil der SchülerInnen an freien Schulen im Jahr 2012 bereits 12,8 Prozent. AW