Jugendlicher ringt nach Schlägen mit dem Tod

Zwei 16-jährige Heimbewohner werden beschuldigt, im Schleswig-Holsteinischen Rendsburg mitten in der Nacht einen 15-Jährigen fast tot geprügelt zu haben. Die Kleinstadt gilt als Schwerpunkt der Jugendgewalt im Land

Sie zogen los, um an die Rendsburger Hochbrücke Graffiti zu sprühen, am Ende lag ein 15-Jähriger schwer verletzt am Boden. Seinen beiden 16-jährigen Kumpels droht nun eine Anklage wegen versuchten Mordes oder schwerer Körperverletzung. Warum die beiden auf den 15-Jährigen einprügelten und traten, ist noch unklar. „Es gab irgendeinen Streit, offenbar ein nichtiger Anlass“, sagt der Kieler Oberstaatsanwalt Uwe Wick, in dessen Händen die Ermittlungen liegen.

Der Fall ereignete sich in der Nacht zum Sonntag. Gestern schwebte das Opfer, das in der Kieler Universitätsklinik behandelt wird, noch in akuter Lebensgefahr. Wahrscheinlich wird der Jugendliche, wenn er überlebt, bleibende Schäden davontragen. Die mutmaßlichen Täter wurden gestern dem Haftrichter vorgeführt. Alle drei Jugendlichen waren in einer Einrichtung für Jugendhilfe untergebracht. Warum sie nachts am Kanal unterwegs waren, gehört zu den Fragen, die noch geprüft werden müssen.

Rendsburg, am Nord-Ostseekanal mitten in Schleswig-Holstein gelegen, gilt als gefährliches Pflaster: Auf jeden Fall ist die gefühlte Unsicherheit in der Kleinstadt groß. Bei der Umfrage eines Internet-Portals sagten mehr als die Hälfte der Teilnehmer, es müsse mehr für die Sicherheit getan werden, ein Viertel meinte, es sollten mehr Sicherheitskräfte unterwegs sein, nur 21 Prozent erklärten, sie fühlten sich sicher. Dieses Gefühl wird durch die Kriminalstatistik immerhin ein wenig gedeckt: 2006 ist die Zahl der Straftaten im Kreis gestiegen, bei landesweitem Rückgang. Gut 34 Prozent aller Taten wurden von Jugendlichen verübt, besonders oft Raub und Körperverletzung. Ein Schwerpunkt innerhalb des Kreises war Rendsburg. Die Stadt reagierte mit Videoüberwachung, auch in Bussen.

„Das Problem ist sicher da, es gab immer mal wieder Ärger im Rendsburger Zentrum“, sagt Sönke Hinrichs, Sprecher der zuständigen Polizeistelle in Neumünster. Dennoch sei Rendsburg generell nicht schlechter als andere Orte: „Es liegt daran, dass der Einzugsbereich groß ist.“ Rendsburg hat zwar mit unter 30.000 Einwohnern nur Kleinstadtformat, aber „viele erlebnisorientierte Jugendliche fahren in die Stadt, weil da mehr los ist als auf dem platten Land“, weiß der Polizeisprecher. Außerdem sei nach einigen Vorfällen die Polizei besonders aufmerksam: „Wo die Polizei viel tut, wird viel Dunkelfeld aufgehellt. Was nicht bedeutet, dass es entsprechende Dinge an anderen Orten nicht gibt.“ ESTHER GEISSLINGER