: Feuer oder vereiste Sensoren?
URSACHEN Im November gab es einen ähnlichen Beinahe-Unfall
BERLIN taz | Über die Ursache des Absturzes der Germanwings-Maschine vom Typ Airbus A320 lässt sich derzeit nur spekulieren. Der Flugzeugtyp wird weltweit täglich tausendfach eingesetzt und gilt als sicher. Doch derzeit wird in Luftfahrtkreisen ein Vorfall diskutiert, der auf eine technische Anfälligkeit der Sensoren bei Flugzeugen des Typs hindeuten könnte.
Im November hat sich laut einem jüngst erschienenen Bericht des Nachrichtenmagazins Der Spiegel ein Beinahe-Unfall bei einem technisch nahezu identisch ausgestatteten Lufthansa-Airbus A321 ereignet. Auf dem Flug von Bilbao nach München – der Airbus befand sich im Steigflug über den Pyrenäen auf 9.500 Meter Höhe – leitete der Autopilot des Fliegers plötzlich den Sinkflug ein. Die Nase senkte sich, das Flugzeug verlor stark an Höhe. Die Piloten sendeten einen Notruf an die Flugsicherung, dann schalteten sie die Stromzufuhr des Bordcomputers aus und übernahmen die Steuerung von Hand, mit der sie den Flug auf einer Sicherheitsflughöhe von 8.200 Metern fortsetzten und sicher und planmäßig in München landen konnten.
Der vom Spiegel veröffentlichte Zwischenbericht der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung deutet auf eine Sicherheitslücke hin, die durch vereiste Sensoren an der Außenhaut entstehe. Diese Sensoren – in Form kleiner Windfähnchen – messen den Luftstrom, damit die Geschwindigkeit und Winkel des Flugzeugs errechnet werden kann. Da zwei von drei Sensoren wohl wegen eines durchflogenen Gewitters vereist waren, „glaubte“ der Bordcomputer den beiden – identisch irreführenden – Informationen und ging in den Sinkflug über, damit das Flugzeug wieder an Geschwindigkeit gewinne.
Piloten gehen davon aus, dass vereiste Geschwindigkeitssensoren auch die Ursache waren für den Absturz eines Airbus A330 auf dem Air-France-Flug von Rio de Janeiro nach Paris. Ein Pilot, der mehrere Jahre lang den Airbus A320 geflogen ist, schloss gegenüber der taz nicht aus, dass das Problem mit vereisten Sensoren Ursache des Absturzes der Germanwings-Maschine sein könnte. Die auf der Webseite flightradar24.com veröffentlichten Daten vom Sinkflug ließen diese Mutmaßung zu: „Es klingt ähnlich“, so der Pilot. Denkbar wäre auch ein Feuer an Bord des Flugzeugs. TOBIAS KRONE
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen