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Archiv-Artikel

Order zur Auflösung

Demo gegen staatliche Repression mit 3.500 Menschen findet auf St. Pauli ein vorzeitiges Ende. Mehrfach hatte die Polizei den Marsch behindert. „Out of Control“-Aktionen sorgten für Irritationen

Die Bilanz

Insgesamt gab es am Samstag beim 129 a-Protest fünf Verletzte Demonstranten, 30 Festnahmen, 109 Personen wurden in Gewahrsam genommen und 392 Platzverweise ausgesprochen. Die In-Gewahrsamnahmen und Platzverweise richteten sich vor allem gegen Menschen, die in der City vom Recht auf Spontandemo Gebrauch machten oder im Rahmen des „Out of Control“-Konzeptes die Polizisten neckten.  KVA

VON KAI VON APPEN

Durch das Agieren der Polizei ist am Samstag der Protestmarsch gegen staatliche Repression in Hamburg faktisch verhindert worden – zumindest erreichte der Demonstrationszug unter dem Motto „Weg mit dem §129a!“ mit 3.500 TeilnehmerInnen aus dem linken und autonomen Spektrum nicht den Hauptbahnhof, wo eine Abschlusskundgebung vorgesehen war. Die Demo ist von den Veranstaltern am Millerntor vorzeitig aufgelöst worden, nachdem ein geordneter Marsch im Polizeikessel ihrer Ansicht nach nicht mehr möglich war.

Zuvor war der Protestzug immer wieder aus lapidaren Gründen gestoppt worden: Einzelne Teilnehmer hätten gegen polizeiliche Auflagen verstoßen, hieß es. So kam es, dass der Marsch von der Schanze nach St. Pauli fast vier Stunden dauerte. Mehrfach waren Beamte der berüchtigten Beweissicherungs- und Festnahme-Einheiten (BFE) in die Menge der Demonstranten gestürmt, um vermeintliche Verstöße gegen das Vermummungsverbot zu ahnden. Einem Mann ist durch einen Schlag eines Berliner BFE-Beamten mit dem Kampfstock das halbe Ohr abgerissen worden.

„Es ist unerträglich unter diesen Bedingungen weiterzugehen“, sagte Anmelder Andreas Blechschmidt zur Begründung des Abbruchs. Die Polizei habe offensichtlich „politische Vorgaben, uns nicht in die Innenstadt zu lassen“. Es sei ein „politischer Skandal“, wenn die Polizei „tausenden friedlichen Teilnehmern das Demonstrationsrecht nimmt“. Die Polizei zeige sich als „schlechter Verlierer“, so Blechschmidt in Anspielung auf das Urteil des Oberverwaltungsgerichts. Das hatte am Vortag gegen den Einspruch der Polizei für einen Marsch am Rande der City grünes Licht gegeben.

Polizeisprecher Ralf Meyer vermochte den Unmut vor Ort nicht verstehen. Der Demozug sei nur gestoppt worden, da der Versammlungsleiter Bela Rogalla „keinen Einfluss auf die Teilnehmer“ gehabt habe, sagte er anklagend in die Mikrofone. „Es ist doch erst 17 Uhr“, so Meyer, „da hätte man doch noch weitergehen können.“

Inzwischen hat sich nach taz-Informationen bestätigt, dass die Polizei tatsächlich Order hatte, spätestens am Johannes-Brahms-Platz die Demo aufzulösen. Daher sei der Abbruch „richtig gewesen“, so Blechschmidt zur taz, „um nicht noch die Schafe zur Schlachtbank zu tragen“.

Begonnen hatte der Protest Mittags vor der Roten Flora eigentlich mit guter Stimmung. Verschiedene Gruppen vagabundierten im Rahmen des „Out of Control“-Konzeptes hinter den Polizeiketten durch das Viertel und sorgten für Irritation. So die „Senioren für Deeskalation“ oder die „Unschuldsengel“ oder die „Demopolizei“, die mit Schildattrappen als Schildkröte – eine klassische Polizeiformation –, die Demo schützte.

Viele Protestler nutzten am Abend das vorzeitige Demo-Ende zum Weihnachtsbummel in der City. An vielen Orten versammelten sie sich auf den Weihnachtsmärkten und skandierten: „Wir sind alle 129a“ . Polizisten mischten diese Spontan-Demos allesamt auf, nahmen dabei sogar Kolateralschäden unter Shoppern in Kauf oder stürmten in Geschäfte, um vermeintliche Protestler in Gewahrsam zu nehmen oder ihnen Platzverweisen zu erteilen. Sogar eine Gruppe Weihnachtsfrauen in roten Mäntel mit dem Slogan „Terror ist in“, bekam die rote Karte für den Weihnachtsmarkt.

Im Schanzenviertel ist es am Abend dann doch noch zu handfester Randale gekommen. Mehrere Personen rissen einen Bauzaun ein, andere errichteten auf dem Schulterblatt eine brennende Barrikade und versuchten die Scheiben der Haspa-Filiale einzuwerfen. Die Polizei setzte Wasserwerfer zum Löschen ein. Für den Glasbruch machte Polizei-Polizei-Einsatzleiter Hartmut Dudde Auswärtige verantwortlich: „Das waren wohl Berliner Autonome, viele der Hamburger haben ja hier ihr Konto.“

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