Herbe Schlappe für Präsident Evo Morales

BOLIVIEN Die Regierungspartei MAS verliert bei Regionalwahlen mit La Paz und El Alto zwei ihrer Hochburgen an die konservative Opposition. Das könnte auch mit dem Wirtschaftsboom zu tun haben

BUENOS AIRES taz | Denkzettel für Evo Morales? Boliviens Präsident dürfte die Ergebnisse der Gouverneurs- und Kommunalwahlen vom Sonntag wohl gründlich studieren. Sechs Monate nach der Präsidentschaftswahl, die er mit rund 60 Prozent der Stimmen klar gewonnen hatte, war es auch für ihn ein erster Stimmungstest. Zwar blieb seine Partei Movimiento al Socialismo (MAS) landesweit die stärkste Kraft. Dennoch musste der MAS gerade in den Ballungszentren einige schmerzliche Verluste hinnehmen.

Zu vergeben waren knapp 5.000 Ämter und Mandate, darunter die der Gouverneure aller neun Provinzen, der Bürgermeister und Stadträte. Rund 6 Millionen BolivianerInnen waren berechtigt, ihre Stimme abzugeben. „Wählt, wen ihr wollt, aber geht wählen“, hatte Evo Morales seinen Landleuten gesagt, als hätte er vergessen, dass Wahlpflicht herrscht.

Die Wählerinnen stimmten dafür, dass die MAS nun in fünf Provinzen (Pando, Beni, Potosí, Oruro und Chochabamba) den Gouverneur stellt. Dagegen setzte sich in La Paz mit dem ehemaligem Bildungsminister Félix Patzi ein MAS-abtrünniger Kandidat der oppositionellen Mitte-links-Partei Soberanía y Libertad durch. In Santa Cruz siegte wie gewohnt die rechte Opposition. Die Entscheidungen in den zwei Provinzen Beni und Chuquisaca werden in Stichwahlen fallen.

Verloren hat die MAS vor allem bei der Neubesetzung der Bürgermeisterämter. In acht der zehn größten Städte setzten sich die KandidatInnen der Opposition durch. Die empfindlichsten Schlappen gab es in La Paz und El Alto. In den bisherigen MAS-Hochburgen setzte sich in La Paz mit Luis Revilla (60 Prozent) der Kandidat von der Soberanía y Libertad durch. In El Alto schaffte Soledad Chapetón (55 Prozent) den Einzug in Rathaus. Vier Jahre zuvor war die 34-jährige Erzieherin von der Mitte-rechten Unidad Nacional noch an dem MAS-Kandidaten gescheitert.

„Der MAS, allen voran der Präsident und sein Vize, betrachteten das Volk als kulturelle Idioten, so nach dem Motto, wir stellen egal welchen Kandidaten auf und fertig“, erklärte Revilla seinen Sieg vor allem damit, dass die Regierungspartei nur noch von oben herab bestimmt.

Möglich ist jedoch auch, dass der Regierungspartei die eigenen Erfolge im Wege stehen. Boliviens Wirtschaft brummt im Vergleich zu den anderen Ländern in der Region am lautesten. Diese Entwicklung hat zur Bildung von neuen Mittel- und Oberschichten geführt, die nicht unbedingt vom Sozialismus zu überzeugen sind.

Vizepräsident Álvaro García räumte als erstes Regierungsmitglied das nicht gerade gute Wahlergebnis ein. Für die Schlappe in La Paz und El Alto machte er jedoch lediglich fehlende Führungsqualitäten der lokalen Kandidaten seiner Partei verantwortlich. Ob sich jedoch nicht vor allem hier ein politischer Wandel unter den Wahlberechtigten vollzogen hat, wird er sicherlich mit dem Parteiführer und Präsidenten Evo Morales in Ruhe analysieren. JÜRGEN VOGT