Selbstmord in der Zelle

HAFT Ein 46-jähriger Mann hat sich im Untersuchungsgefängnis das Leben genommen. Laut Justizbehörde wirkte der Gefangene zuvor psychisch stabil

Im Jahr 2010 haben mehrere Häftlinge in Hamburg Suizid begangen.

■ Der 17-jährige Georgier David M. tötete sich im März im Zentralkrankenhaus des Untersuchungsgefängnisses.

■ Die 34-jährige Indonesierin Yeni P. tötete sich im April in der Justizvollzugsanstalt Hahnöfersand.

■ Als Konsequenz aus dem Suizid des minderjährigen David M. verkündete der damalige Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU), künftig keine Minderjährigen mehr in Abschiebehaft zu nehmen.

Im Hamburger Untersuchungsgefängnis am Holstenglacis hat sich ein Häftling in der Nacht zum Freitag umgebracht. Nach Angaben der Justizbehörde wurde der 46 Jahre alte Mann am Freitagmorgen tot in seiner Zelle gefunden. Der Häftling war erst am 20. Dezember festgenommen worden. Die ersten beiden Nächte verbrachte der Drogenabhängige unter besonderer Sicherung und Beobachtung.

Mit Zustimmung eines beratenden Psychiaters sei er dann am Donnerstag in eine andere Zelle verlegt worden, da er psychisch stabil gewirkt habe, teilte die Justizbehörde mit. Gleich in der folgenden Nacht hat er sich nach ersten Erkenntnisse der Behörde mit einem Schuhband am Fenstergitter erhängt.

G. hatte selbst Angaben zu einem Betäubungsmittelhintergrund gemacht und war deshalb nach seiner Zuführung am Abend des 20. Dezember zunächst auf die Sicherungs- und Beobachtungsstation verlegt worden. Außerdem wurden – wie in solchen Fällen üblich – besondere Sicherungsmaßnahmen angeordnet. Laut Justizbehörde wurde diese Maßnahme am Morgen des 22. Dezember mit Zustimmung des psychiatrischen Konsiliararztes aufgehoben; sie sei mit erheblichen Einschränkungen für den Gefangenen verbunden und nur unter engen rechtlichen Voraussetzungen zulässig.

Nach seiner Verlegung in eine Zugangsstation hatte G. bereits gegen Mittag Kontakt mit der Leitung der Maurerei. G. zeigte sich im persönlichen Gespräch erfreut, dass er dort schon bald eine Arbeit aufnehmen könne. Dies teilte er auch im Zugangsgespräch mit, das noch am selben Tag stattfand. Da er weiterhin stabil wirkte, bestand laut Justizbehörde kein Anlass für suizidpräventive Maßnahmen. Den Informationen zufolge war G. wegen des dringenden Tatverdachts auf Einbruchdiebstahl und Wiederholungsgefahr in Untersuchungshaft gekommen.

Nachdem es zwischen 1990 und 2010 23 Versuche, aber keinen vollendeten Suizid im Hamburger Justizvollzug gegeben hatte, war es 2010 zu zwei Selbsttötungen in Haft gekommen. Daraufhin hatte die Justizbehörde in den Justizvollzugsanstalten Billwerder, Fuhlsbüttel, Hannöfersand und im Untersuchungsgefängnis Holstenglacis eigens je zwei sogenannte gefährdungsarme Hafträume eingerichtet. Damit sollten die Anstalten – neben anderen Betreuungsangeboten – in Fällen latenter Suizidalität neben der Unterbringung in einem Beobachtungsraum über eine weitere Handlungsmöglichkeit verfügen. Zudem wurde die Erreichbarkeit des psychologischen Dienstes erweitert, um gefährdete Gefangene auch an Wochenenden und Feiertagen psychologisch betreuen zu können.

Justizsenatorin Jana Schiedek (SPD) sagte zu dem neuerlichen Suizid hinter Gittern: „Ich bin tief betroffen und bedaure diesen tragischen Vorfall sehr. Nach meinen bisherigen Informationen gab es aktuell keine Anzeichen für eine besondere Gefährdung.“ (dpa/taz)