Verborgene Abgründe-betr.: "Aus der Autogesellschaft aussteigen", taz vom 3.5.89

betr.: „Aus der Autogesellschaft aussteigen“,

taz vom 3.5.89

Zu dem Artikel möchte ich anmerken, wie froh ich bin, das Autofahren nun ideologisch richtig einordnen zu können. Und gewiß auf wissenschaftlicher Grundlage. Denn es ist ein Arzt, der nach Ihrem Bericht herausgefunden hat, daß es der deutsche Faschismus war, der 1933 eine „verkehrspolitische Wende“ hin zum Auto einleitete.

Wer also mit dem Auto fährt und dabei womöglich noch nicht einmal ein schlechtes Gewissen hat, der ist - wenn vielleicht auch unbewußt - ein Faschist. Ein schlimmer Gedanke, vor allem, wenn man sich vorstellt, daß Teilnehmer an diesem siebten Bürgerinitiativen-Verkehrskongreß nach dessen Ende wohl in der Mehrzahl ins Auto gestiegen sein dürften, um nach Hause zu reisen.

Die Autofahrer Nazis, na, und was politisch und moralisch von den Radfahrern zu halten ist, das weiß ja jeder. Jetzt wäre es an der Zeit, daß der Arzt und freie Schriftsteller Bastian die noch verborgenen Abgründe von Wanderern, Bahnreisenden und Fliegern erforscht. Der achte Kongreß kommt ja gewiß. Ich bin heute schon gespannt. Aber vielleicht hat Till Bastian bis dahin eine Arzt-Stelle gefunden, und wir bleiben unwissend.

Günter Böhm, Berlin 37