: Wien: Adler bald ohne Hammer und Sichel, aber mit Krone?
■ Heider nahm Staatswappen aufs Korn / Hammer und Sichel sollen verschwinden
Wien (dpa) - Die vom sowjetischen Staats- und Parteichef eingeleitete Perestroika zeigt auch auf Österreich Wirkung. Dem Staatswappen der Alpenrepublik, dem Adler sollen nun die dort 1919 angebrachten Symbole Hammer und Sichel ersatzlos aus den Krallen genommen werden. Seine Krone aber darf das Tier behalten.
Der Abgeordnete der konservativen österreichischen Volkspartei (ÖVP) Andreas Khol stellte die Frage, inwieweit die Republik dieser Symbole im Staatswappen bedarf. Diese Frage dränge sich nun besonders auf, da neben der Sowjetunion nur noch Österreich diese Symbole im Wappen trage.
In Wien munkelt man, daß das benachbarte Ungarn bald einen Präsidenten namens Habsburg habe, während sich das offizielle Österreich immer noch mit Hammer und Sichel schmücke. Die rechtsgerichtete Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) mit dem jungen Parteichef Jörg Heider an der Spitze hatte die Symbole als erste ins Visier genommen. Heider hatte die Regierung aufgefordert, „die Symbole für Menschenverachtung, Todeslager und Unterdrückung“ zu entfernen. Nur die Sozialistische Partei Österreichs, die stärkste Regierungspartei, denkt gar nicht daran. SPÖ -Zentralsekretär Josef Cap konterte: „Es gibt überhaupt keinen Grund, Hammer und Sichel aus dem Wappen zu entfernen.“ Damit war die Geschichte um das arme Tier aber noch nicht ausgestanden: Am Mittwoch brachten auch noch die ÖVP-Abgeordneten während einer Sizung des Nationalrates (Parlament) den Entschließungsantrag ein, „Schritte zur Beseitigung der Symbole aus dem Bundeswappen, abgesehen von der Mauerkrone“ in die Wege zu leiten. Da des Adlers Hammer und Sichel in Artikel 8a Absatz 2 der Verfassung festgesetzt ist, bedarf es im Parlament einer Zweidrittel-Mehrheit für eine Verfassungsänderung.
Dies halten viele Österreicher für ein aussichtsloses Unterfangen. Aber dieses Hick-Hack um das Wappentier kann sie nicht aus der Fassung bringen, es ist nicht das erste Mal, daß Politiker dem Adler die Krallen leeren wollen. Bereits 1954 ein Jahr vor dem Abzug der sowjetischen Truppen aus Österreich, hatten ÖVP-Abgeordnete beantragt, „Hammer und Sichel als Symbol krasser Unterdrückung und Unfreiheit“ zu entfernen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen