FDGB und DGB auf einer Linie

■ Erstes Treffen zwischen Spitzenvertretern beider Gewerkschaftszentralen diese Woche in Hannover / Konkrete Weiterarbeit in gemeinsamen Arbeitsausschüssen

Mit einem modifizierten Gewerkschaftsgesetz, das von keiner Seite auszuhebeln sein darf, stellt sich der FDGB auf die neue Situation ein, die seit Modrows „Deutschland - einig Vaterland„-Erklärung entstanden ist. So die Gewerkschaftsvorsitzende Helga Mausch auf der Pressekonferenz nach dem Treffen mit DGB-Vorsitzendem Ernst Breit am Mittwoch in Hannover.

Es war der erste Kontakt zwischen beiden Vorständen. Wichtigstes Resultat, so erfuhr die taz gestern von Siegfried Sahr, Mitglied des geschäftsführenden Vorstandes, war die Feststellung, daß es mehr Gemeinsames als Trennendes gebe. Beide Gewerkschaften treten für die Einheit Deutschlands ein, allerdings nicht zu Lasten des einen oder anderen. Breit selbst meinte dazu, es dürfe nicht dazu kommen, daß das BRD-Recht über die DDR übergestülpt wird. Allerdings kritisierte er, daß im Entwurf zu dem neuen Gewerkschaftsgesetz die Gewerkschaften ein Vetorecht gegen Parlamentsentscheidungen eingeräumt bekommen sollen.

Übereinstimmung herrschte, so Helga Mausch, über den Aufbau demokratischer gewerkschaftlicher Strukturen, über parteipolitische Unabhängikeit, über das Bekenntnis zur parlamentarischen Demokratie, zur Tarifautonomie, zum Streikrecht, zum Aussperrungsverbot. Ebenfalls einig ist man sich in der Forderung an die bundesdeut sche Regierung, 15 Milliarden D-Mark bereitzustellen.

Die konkrete Zusammenarbeit setzt sich in jetzt zu bildenden Arbeitsausschüssen fort, die sich mit Problemen wie Recht auf Arbeit, Absicherung Arbeitsloser, einheitliche Rentenregelung beschäftigen. Denn der FDGB hat durchaus Eigenes einzubringen. Kein Stück will er vom Arbeitsgesetzbuch abgehen, welches weitreichende Rechte für Werktätige sichern kann. 90 Prozent aller Werktätigen sind in starken Gewerkschaftsgrundorganisationen vertreten, im Unterschied zur Bundesrepublik und auch anderen europäischen Ländern, wo die Vertretung durch Betriebsräte im Vordergrund steht. Bisher war ungeklärt, wie der FDGB zu DDR -Betriebsräten steht. Breit hatte kritisiert, daß in dem Entwurf zum Gewerkschaftsgesetz nicht die Beriebsräte, sondern die gewerkschaftlichen Vertrauensleute die Interessen der Arbeitnehmer vertreten sollten.

Siegfried Sahr erläuterte gegenüber taz: „Der erste Entwurf ist basisdemokratisch entstanden. Das heißt, wir haben alle Vorschläge mit hineingenommen. Auch die Forderung eines Zustimmungsrechtes für die Gewerkschaft bei allen Gesetzen, in denen es um Arbeits- und Lebensbedingungen der Werktätigen geht.“

Der Entwurf zum Gesetzentwurf ist inzwischen weiter diskutiert und verändert. Gewerkschafter in Betrieben gaben zu bedenken, daß das Gesetz nur Chancen hat, wenn es sich auch an die Verfassung hält. Ein „Zustimmungsrecht“ ist also nicht drin. Darum äußerte auch Helga Mausch auf der Pressekonferenz: „Das Vetorecht stand uns gar nicht zu.“ Der FDGB will allerdings ein Mitspracherecht.

Das neue Gewerkschaftsgesetz lag vor Wochen dem Runden Tisch. Am 6. März soll es beschlossen werden.

Susanne Steffen