„Notbremse“ gegen Stasi-Leute gezogen

Beschwerde der AGSicherheit führte zu Erfolg: Dankward Brinksmeier, Vertreter des Runden Tisches, soll als „Regierungsbeauftragter“ dem Minister für Innere Angelegenheiten „zur Seite gestellt“ werden / Brinksmeier: Behörde hat zugesicherten Informationszugang blockiert  ■  Aus Ost-Berlin Klaus Wolschner

Dankward Brinksmeier, Studentenpfarrer bei der ESG in der Ostberliner Invalidenstraße und Mitglied der AGSicherheit des zentralen Runden Tisches, wird ab heute als „Regierungsbeauftragter“ ins Ministerium für innere Angelegenheiten einziehen. Brinksmeier soll in allen Fragen, die die Auflösung des Amtes für Nationale Sicherheit betreffen, dem Minister Lothar Ahrendt (PDS) „mit gleicher Kompetenz an die Seite gestellt“ sein. Diese Institutionalisierung von Gegenmacht im Regierungsapparat zwei Wochen vor der Volkskammerwahl sei notwendig geworden, so Brinksmeier, weil die Behörde „blockiert“ habe, wenn die AGSicherheit bestimmte Informationen haben wollte. Bei der Überführung von bestimmten früheren Stasi-Aufgaben ins Ministerium seien „Unregelmäßigkeiten“ vorgekommen.

Im Klartext: Der alte Apparat der Staatssicherheit hatte sein Machtmonopol mit diversen Aufgaben ausgestattet, die mit „Staatssicherheit“ im eigentlichen Sinn nichts zu tun hatten. Es gab Kripo-Abteilungen, die Stasi hatte technische Spezialaufgaben monopolisiert und allein die Stasi legte (und kontrollierte) die abhörsicheren Telefonleitungen der Regierung. Solche Funktionen werden samt Fachpersonal seit einigen Wochen dem Ministerium für Innere Angelegenheiten übertragen. Nach den Vorstellungen des Runden Tisches sollen allerdings keine politischen Leitungskader der Stasi auf diese Weise ins Ministerium überwechseln. Die Übernahme der Spezialisten sollte durch VertreterInnen der Gewerkschaft der Volkspolizei kontrolliert werden, ganze Abteilungen dürften nicht geschlosen überwechseln.

Immer wieder waren der AGSicherheit Informationen zugespielt worden, nach denen im Ministerium nicht entsprechend den Vorgaben gehandelt wurde. Wieviele ehemalige Stasi-Leute inzwischen im Apparat des Ministeriums untergekommen sind, kann auch die AGSicherheit derzeit nur schätzen, 3.000 dürften es nach Angaben aus diesem Kreis sein. Brinksmeier wollte keine Details nennen, meinte aber, die Vorgänge seien „schlimmer, als jeder denkt“. Damit in den Wochen bis zur Neubesetzung der Spitze des Ministeriums für innere Angelegenheiten nicht noch weiter Fakten geschaffen werden, ist Brinksmeier zwei Wochen vor der Wahl dem Minister Ahrendt an die Seite gestellt worden. Dies könne man durchaus als „Notbremse“ bezeichnen, meinte Brinksmeier auf Nachfrage der taz, es sei aber „kein Mißtrauensantrag gegen Ahrendt“.

Der 33jährige Studentenpfarrer, hat sich seit November in der AGSicherheit in die Problematik der Sicherheitsapparate eingearbeitet. Als Regierungsbeauftragter wird Brinksmeier nun hauptamtlich im Staatsdienst tätig. Und wenn der derzeitige Minister Ahrendt eine Entscheidung im Zusammenhang der Auflösung des früheren Stasi-Apparates treffen will, mit der der Regierungsbeauftragte nicht einverstanden ist, wird als Dritter - so Brinksmeier - der Ministerpräsident Modrow selbst hinzugezogen.