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Einen Schritt weg vom Abgrund?

 ■  G A S T K O M M EN T A R

Es ist jetzt nicht mehr fünf vor zwölf, sondern zehn vor zwölf. So sieht es jedenfalls das hochdekorierte Herausgebergremium des einst von Albert Einstein mitbegründeten US-Wissenschaftsmagazins „Bulletin of the Atomic Scientists“, das seit 1947 eine Weltuntergangsuhr veröffentlichgt. Der atomare Holocaust ist also ein wenig unwahrscheinlicher geworden.

Gorbatschows neues Denken und der Sieg der Demokratie über den stalinistischen Totalitarismus Osteuropas haben den Ost -West-Konflikt gegenstandslos gemacht. Die Spaltung Europas ist zwar noch wirtschaftlicher, aber kaum mehr politischer Natur. Gorbatschow und Bush haben den Kalten Krieg ad acta gelegt.

Dennoch sollte man sich nicht der Illusion hingeben, daß der Weg in eine dauerhaft friedliche Welt nun nur auf Rosen gebettet sei. Die Schlüsselfrage der internationalen Sicherheit bleibt die nach realen Fortschritten bei der nuklearen Abrüstung. Und hier ist zwar der erste Abrüstungsvertrag der Geschichte unter Dach und Fach, allerdings machen die davon betroffenen Mittelstreckenraketen gerade mal drei Prozent der atomaren Potentiale aus. Sowjets und Amerikaner rückten von dem Ziel ab, ihre strategischen Atomwaffen zu halbieren und wollen sich nunmehr auf eine Reduzierung von bestenfalls 30 Prozent beschränken. Der Grund dafür dürfte im wesentlichen in der Unlust der USA liegen, bestimmte Waffensysteme, bei denen sie sich im Vorteil sehen, insbesondere die seegestützten Marschflugkörper, zu begrenzen. US-Militärs lassen es an Deutlichkeit nicht fehlen: einen START-Vertrag wird es nur geben, wenn an den zentralen Rüstungsprogrammen wie für den Tarnkappenbomber B 2 und eine neue Generation von atomraketenbestückten U-Booten, veranschlagte Kosten 70 bzw. 50 Milliarden Dollar, keinerlei Abstriche vorgenommen werden.

Martin Bohne

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