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In Niedersachsen beginnt der Wahlkampf

Auch in Niedersachsen werben die Sozialdemokraten mit deutschen Motiven / Wahlreaktionen auf „Chaos-Vereinigung“?  ■  Aus Hannover Jürgen Voges

Willy Brandt inmitten der Massen vor dem Brandenburger Tor dieses „Motiv aus den historischen Novembertagen“ wird das erste Großplakat zeigen, mit dem die SPD in gut einer Woche auch auf den Straßen Niedersachsens den Landtagswahlkampf eröffnen wird.

Unten auf dem Großplakat hat die Landes-SPD den Slogan „Neue Wege für Niedersachsen“ placiert. Doch oben auf dem Plakat hat das miese Abschneiden der Sozialdemokraten in der DDR in letzter Minute „eine kleine Akzentverscheibung“ notwendig gemacht, wie es der SPD-Fraktionsgeschäftsführer Reinhard Scheibe ausdrückt.

„Die neue Zeit hat einen Namen - Soziale Demokratie“ sollte da in Erwartung eines SPD-Sieges in der DDR in den Himmel über dem Brandenburger Tor geschrieben werden. Nun haben die niedersächsischen Sozialdemokraten den ersten Teil des Slogans durch „Eiheit braucht Gerechtigkeit“ ersetzt.

Die DDR-Wahl war binnen Wochenfrist das zweite Ereignis, das nicht vorgesehen war auf dem Fahrplan der Niedersachsen -SPD für die Landtagswahl am 13. Mai, in der nicht nur über den künftigen Ministerpräsidenten - Gerhard Schröder oder weiter Ernst Albrecht -, sondern auch über die Mehrheit im Bundesrat entschieden wird. Rita Süssmuth, die in der vergangenen Woche überraschend von Ernst Albrecht zur Nachfolgekandidatin gekürt wurde, steht bei einem direkten Vergleich mit Gerhard Schröder weitaus besser in der Wählergunst da als der amtierende Ministerpräsident.

Nach einer Umfrage des FORSA-Instituts im Auftrage der hannoverschen 'Neuen Presse‘ würden bei einer Direktwahl 51 Prozent der niedersachsen für die Bundestagspräsidentin und 32 Prozent für Gerhard Schröder stimmen. Öffentlich zeigte sich der SPD-Spitzenkandidat gestern davon unbeeindruckt: Er hätte höhere Zahlen für Frau Süssmuth erwartet, schließlich erhalte die Bundestagspräsidentin bei den Umfragen des 'Spiegel‘ regelmäßig Popularitätswerte von über 70 Prozent. Doch vor Journalisten hatte Gerhard Schröder schon kurz nach dem Süssmuth-Manöver der CDU von der Bonner SPD „jetzt mehr Engagement im Niedersachsen-Wahlkampf“ verlangt. Noch vor einem Jahr signalisierten Umfragen keinerlei Chance für Ministerpräsident Albrecht.

Doch auf Meinungsumfragen will die grüne Spitzenkandidatin Thea Dückert zur Zeit wenig geben, dazu sei die politische Entwicklung zur Zeit insgesamt zu sehr im Fluß. Negative Wirkungen der DDR-Wahl auf die Landtagswahlen sieht die 39jährige Volkswirtin nicht: „Die Leute in der Bundesrepublik sehen die deutsch-deutsche Entwicklung sehr viel skeptischer als die DDR-Wähler; da ist eine Gegenreaktion in Niedersachsen sehrgut möglich“, sagt sie. So müsse man etwa den Niedersachsen klarmachen, daß bei von Bundeskanzler Kohl geplanten „Chaos-Vereinigung“ das Land durch Wegfall des Länderfinanzausgleichs und von Bundeszuweisungen ein Drittel seiner gesamten Haushaltmittel verliere.

Auch Gerhard Schröder will nicht nur seinen ParteigenossenMut machen, wenn er auf Fragen nach Abschneiden der SPD in der DDR auf die SPD-Gewinne bei der bayrischen Kommunalwahl verweist. CDU und FDP regieren inHannover noch immer mit einer Ein-Stimmen-Mehrheit und schon geringe Zuwächse

der Oppositionsparteien würden in jedem Falle zu einem Regierungswechsel führen

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