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„Die Jugendarbeit fängt bei Null an“

■ Sabine Stroinski (Amt für Jugend und Sport) zur Rolle des Staates in der Jugendarbeit

taz: Wer füllt die Lücke in der Jugendarbeit, die Partei und FDJ hinterlassen?

Der Staat hat die Verantwortung für die Jugendlichen. Er muß den finanziellen Rahmen für die Jugendfreizeitarbeit sichern und ein inhaltliches Konzept erarbeiten. Daneben werden sich die freien Träger stärker an der Jugendarbeit beteiligen.

Welche rechtlichen Grundlagen müssen neu geschaffen werden?

Im neuen Jugendgesetz muß die Pflicht der Kommunen zur Jugendfreizeitarbeit verankert werden. Außerdem müssen die Jugendlichen das Recht haben, ihre Ansprüche einzuklagen. Der freie Zugang zu kulturellen Angeboten muß gesichert bleiben.

Bisher wurden 168 Jugendklubs geschlossen. Wird der Ausverkauf weitergehen?

Viele Kommunen nutzen die unsichere Rechtslage aus, um Jugendklubs an private Nutzer zu verkaufen. Die Kommunen brauchen Geld, Jugend- und Sozialarbeit ist kostenintensiv. Diese Notlage öffnet den Spekulanten Tür und Tor.

Was kann dagegen unternommen werden?

Obwohl die Jugendklubs mit staatlichen Geldern gebaut wurden, kann das Ministerium den Verkauf nicht verbieten. Die Jugendlichen müssen selbst ihre Rechte in den Rathäusern geltend machen. Nur so kann verhindert werden, daß noch mehr Klubs zu Peep-Shows oder Videotheken umfunktioniert werden.

Wird die Zusammenarbeit mit westlichen Gremien gesucht?

Ein Austausch ist notwendig, um sich kennenzulernen. Vor allem im Umgang mit der Drogenproblematik, die mit der D -Mark kommen wird, sind wir völlig unerfahren. Wir wollen aber unsere eigenen Errungenschaften auf dem Gebiet der Jugendarbeit verteidigen.

Was werden Sie dem neuen Amt für Jugend und Sport mit auf den Weg geben?

Gemeinsam mit dem Leipziger Zentralinstitut für Jugendforschung haben wir ein Papier zur Verantwortung des Staates für die Kinder- und Jugendarbeit erarbeitet, und es ist unser Ziel, daß diese Forderungen auch in das jugendpolitische Konzept der neuen Regierung eingehen werden.

Das Interview führte Claudia Haas

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