: Rep-Funktionär verhetzte das Volk
■ Geldstrafe für Rep-Bundesvorstandsmitglied Glasauer / Er hatte im Europawahlkampf polnische Aussiedler übel beschimpft / Pöbelnder Funktionär wieder in Amt und Würden
Regensburg (taz) - Der stellvertretende bayerische Landesvorsitzende und oberbayerische Bezirksvorsitzende der rechtsradikalen „Republikaner“, Franz Glasauer, wurde wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen a 50 DM verurteilt. Der Regensburger Amtsrichter Karl Hüttinger hielt den bereits wegen Nötigung, fahrlässiger Körperverletzung und Verstoßes gegen das Jugendschutzgesetz vorbestraften Rep-Funktionär für überführt, Aussiedler aus Polen als „zu dumm und zu faul zum Arbeiten“ beschimpft zu haben.
Auf einer Veranstaltung im Rahmen des Europawahlkampfes im Regensburger „Augustinerbräu“ am 20. Mai letzten Jahres hatte Rep-Bundesvorstandsmitglied Glasauer kein Blatt vor den Mund genommen. Man solle den WAA-Bauzaun nutzen, um auf dem Gelände „das Gesindel und den Abschaum“ zu internieren, forderte er und kündigte den „Tag der Rache und Abrechnung“ an. Strafrechtlich relevant, so Oberstaatsanwalt Demleitner in der Anklage, waren jedoch die von mehreren Journalisten bezeugten Hetztiraden gegen polnische Aussiedler. 90% davon seien „Aussiedlerbetrüger“. Die „übelsten Vertreiber von 1945“ seien jetzt „die besten Deutschen“, und überhaupt seien „die Polen zu dumm und zu faul zum Arbeiten“. „Diese Trottel“ hätten „die einstmals blühende Kornkammer Deutschlands verrotten lassen“.
Nach den gesetzlichen Bestimmungen ist der Tatbestand der Volksverhetzung nur dann erfüllt, wenn ein nicht unbedeutender Teil der inländischen Bevölkerung derart beschimpft worden ist, daß die Menschenwürde tangiert und der öffentliche Friede gefährdet ist. Glasauer weiß, daß also lediglich Hetze gegen polnische Aussiedler in der Bundesrepublik strafbar ist, nicht jedoch gegen polnische Staatsbürger. Dementsprechend beteuerte er vor Gericht, seine Äußerungen, sofern sie überhaupt gefallen seien, seien nur auf das polnische Volk bezogen gewesen. Augenzwinkernd fügte der Rep-Funktionär hinzu, es sei allgemein bekannt, daß er „die Polen nicht für fleißig halte“. Daher würde er es sich durchaus zutrauen, gesagt zu haben, daß die Polen zu dumm und zu faul zum Arbeiten seien. Ansonsten habe er „halt eine politische Rede gehalten“.
Dennoch kam Richter Hüttinger zu dem Ergebnis, daß Glasauer mit seinen Äußerungen bereits in der Bundesrepublik lebende polnische Aussiedler treffen wollte. Hüttinger folgte damit dem Plädoyer des Staatsanwalts, der Glasauer vorgeworfen hatte, mit den „verbalen Ausfällen“ das „politische Klima aufheizen“ zu wollen. Glasauers Verteidiger hatte Freispruch gefordert.
Nachdem der pöbelnde Funktionär drei Tage nach dem Wahlkampfauftritt alle seine Parteiämter hatte ruhen lassen und der bayerische Rep-Vorsitzende Neubauer „scharfe Konsequenzen“ gefordert hatte, ist Glasauer längst wieder in Amt und Würden. Der Rep-Bundesvorstand kam schon im September letzten Jahres zu dem Schluß, daß die Leistungen von Glasauer höher einzuschätzen seien als seine damaligen Äußerungen.
Bernd Siegler
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