: Verpackungsanwälte melden sich zu Wort
■ Die neue "Umweltorganisation" Waste Watchers fordert: Einwegverpackungen endlich akzeptieren / Dubioser Lobby-Club
fordert: Einwegverpackungen endlich akzeptieren / Dubioser Lobby-Club
„Nehmen Sie ihren Hut, Herr Umweltsenator Vahrenholt!“ fordert eine Organisation namens „Waste Watchers“ auf Großplakaten. Zurücktreten soll der Senator wegen einer Werbekampagne der Umweltbehörde zur Vermeidung von Verpackungsmüll. Die „Waste Watchers“ hätten die Kampagne der Behörde in den letzten sechs Monaten genau beobachtet, berichtete Geschäftsführer Manfred Geisler-Hansson gestern auf einer Pressekonferenz. „Müllberge lassen sich mit schlappen Sprüchen nicht abtragen“. Die Feststellungen auf den Plakaten wie „Frisch ist besser“ bei der verpackten Wurst, „Pfandflasche ist besser“ bei der Coladose und „Bürste und Essig ist besser“ bei dem WC-Reiniger würden sich nicht auf wissenschaftliche Untersuchungen stützen und nicht beweisen lassen.
Vahrenholt betonte gegenüber der taz, er werde seinen Hut nicht nehmen, sondern fühle sich jetzt erst recht ermutigt, mit der Aufklärungskampagne der Umweltbehörde zur Vermeidung von unnötigem Verpackungsmüll weiterzumachen. Die Kampagne sei inhaltlich mit dem Umnweltbundesamt abgestimmt und in Hamburg auf große, positive Resonanz gestoßen, so der Umweltsenator. „Eigentlich bin ich dankbar für diese teilweise dummerhaftige Kritik, denn auf diese Weise hat die Organisation gezeigt, daß sie nicht in die Reihe der seriösen Umweltverbände gehört und ihre wahre Interessenlage deutlich gemacht“, kontert der Senator. Er sei ganz dankbar, daß auf diesem Wege die Verpackungsindustrie so deutlich zeige, daß sie getroffen wurde. „Daß den 'Waste Watchers‘ diese Kampagne ein Dorn im Auge ist, hat offenbar auch damit zu tun, daß die Position dieser Organisation sowie die der Verpackungsindustrie in die gleiche Richtung zielen.“ In dieses Bild würde auch passen, daß der Geschäftsführer der „Waste Watchers“, Manfred Geisler-Hansson, früher Pressesprecher beim Verpackungshersteller Tetra Pak war. „Wenn Verpackungsindustrie und Einweg-Lobbyisten ...sich im Gewande einer Umweltorganisation tarnen, wird ein falsches Spiel mit der Öffentlichkeit getrieben.“
Der deutsche Verein der „Waste Watchers“ wurde im Januar gegründet, hat nach Angaben Geisler- Hanssons 200 Mitglieder, die einen Jahresbeitrag von 80 Mark zahlen. Den diesjährigen Jahresetat von 650000 Mark hätten private Sponsoren aufgefüllt, die der Geschäftsführer aber nicht nennen wollte. Es gäbe eine Dachorganisation in Australien, Vereine in Spanien, England und Dänemark würden in Kürze gegründet. Die Waste Wat-
1chers wollen „die aktuelle Umweltdiskussion in sachliche Bahnen lenken“, „den Redemüll in der Ökologiediskussion bekämpfen“ und bezeichen sich als „Anwälte der Umwelt“. Nach den vielen Worten gestern auf ihrer weltweit ersten Pressekonferenz zu urteilen, ist die
1„Umweltschutzorganisation“ eher Anwalt der Wirtschaft, vor allem der Verpackungs- und Kunstoffhersteller, die ihre Produkte nicht recyceln können und daher auf Müllverbrennung angewiesen sind.
So erläuterte Geisler-Hansson gestern in Hamburg: „Wenn es
1einen Bedarf für fertigverpackte Produkte im Lebensmittelbereich gibt, soll man das endlich akzeptieren“. Gefordert sei effektive und intelligente Müllentsorgung. Dem Umweltsenator rät Hansson daher, er solle den Menschen die Müllverbrennung näherbringen. Vera Stadie
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