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"Aktion Gegenwehr"

■ Die Gewerkschaft macht mobil: In sieben Städten wird heute gegen die Tarif-Kündigung in Mecklenburg-Vorpommern demonstriert / Allein nach Hamburg kommen 50.000 Protestler

: In sieben Städten wird heute gegen die Tarif-Kündigung in Mecklenburg-Vorpommern demonstriert / Allein nach Hamburg kommen 50 000 Protestler

Mit Großdemonstrationen wollen die DGB-Gewerkschaften heute in sieben bundesdeutschen Städten gegen den Tarifvertragsbruch im Osten ein Zeichen des Widerstandes setzen. Zentraler Kundgebungsort der „Aktion Gegenwehr“ im Norden ist die Hamburger City. In mehreren Zügen werden rund 50 000 GewerkschafterInnen zum Rathaus ziehen, um dort „fünf vor zwölf“ gegen den „Angriff auf die Tarifautonomie“ zu protestieren.

Neun Sonderzüge, 250 Busse und unzählige Pkws werden in den Morgenstunden aus Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Bremen und Mecklenburg-Vorpommern in Hamburg erwartet. Treffs jeweils ab 10.30 Uhr: Gewerkschaftshaus, Dammtor, Ballindamm, Caffamacherreihe, Ost-West Straße, Jungfernstieg. Die Polizei geht davon aus, daß der Verkehr in der City vollends zum Erliegen kommt.

Die Großkundgebungen sind die erste Stufe, um die Ossi-Metallbosse zum Einlenken zu bewegen. Der Unternehmensverband „Nordmetall“ hatte — wie berichtet — im Februar einseitig den vor drei Jahren als „Mustervereinbarung“ gefeierten Tarifvertrag für Mecklenburg-Vorpommern gekündigt. Begründung: Da die Ost-Unternehmen die vereinbarte Lohnerhöhung nicht verkraften könnten, sei die Geschäftsgrundlage des Tarifkontrakts entfallen, die Vereinbarung also „null und nichtig“.

Die Gewerkschaften gehen davon aus, daß Nordmetall nur den Vorreiter spielen soll, um das gesamte Tarifgefüge aus den Angeln zu heben. Denn es gebe im Westen bereits Versuche, Tariferrungenschaften wieder in Frage zu stellen — zum Beispiel die Arbeitszeitverkürzung oder den Kündigungsschutz für Angestellte. Viele Bosse der Bauwirtschaft unterlaufen ohnehin schon das Sozial- und Tarifvertragsrecht, indem zunehmend Leiharbeiter oder Schwarzarbeiter angeheuert werden.

Im Vorwege der „Aktion Gegenwehr“ haben mehrere GewerkschafterInnen die Unternehmer aufgefordert, die Kündigung zurückzunehmen. Der Hamburger DGB- Vorsitzende Erhard Pumm: „Die Gewerkschaften werden sich das Instrument der Tarifverträge nicht aus den Händen schlagen lassen.“

Das Hamburger Arbeitsgericht wird sich am 3. Mai auf Klage der IG Metall mit der Tarifvertragskündigung befassen. Nach Auffassung der DGB-Nord-Vizechefin Karin Roth kann der Konflikt aber nur „politisch“ gelöst werden. Im Klartext: durch gewerkschaftliche Mobilisierung. Die Gewerkschaften könnten nämlich nicht Jahre warten, bis die Gerichte entschieden haben, daß Tarifvertragsbruch rechtswidrig sei. In der Metallindustrie Mecklenburg-Vorpommern beginnt daher in der kommenden Woche die Urabstimmung über Streik. Aber auch im Westen wollen die Gewerkschaften — sofern notwendig — noch draufsatteln. Karin Roth: „Als nächster Schritt sind derartige Aktionen während der Arbeitszeit denkbar.“ Die Gewerkschafterin unmißverständlich: „Wer versucht, Tarifautonomie auzuhebeln, muß in seine Schranken verwiesen werden.“ Kai von Appen

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