: Viren als Werkzeug?
■ n Eppendorf:Gelegenheit, Genforscher auszuforschen
An der Ecke Martinistraße/Falkenried soll eines der größten Gentechnikzentren Deutschlands gebaut werden: das Zentrum für Molekulare Neurobiologie. Morgen will die Behörde für Wissenschaft und Forschung die Baupläne für den Institutsneubau öffentlich vorstellen. Bei der Präsentation haben Interessierte zum ersten Mal auch die Gelegenheit, die Genforscher über ihre Vorhaben auszufragen.
Nicht das geplante Gebäude mit 12000 Quadratmetern Nutzfläche versetzt die Anwohner in Angst und Schrecken, sondern die Genversuche, die darin stattfinden sollen. „Höchste Gefahr!“ warnt die Eppendorfer Bürgerinititaive gegen das Zentrum. „Die geplanten gentechnischen Versuche beinhalten unabschätzbare Risiken mit möglicherweise katastrophalen Folgen für die Anwohner und Mitarbeiter des Zentrums und für Menschen, die mit ihnen in Kontakt kommen. Wichtigstes „Werkzeug“ der Forscher würden Bakterien, Viren und eine Menge Versuchstiere - von der Fliege bis zum Affen - sein, so Horst Mau von der Bürgerinititive. „Manipulierte Viren, Bakterien oder Kleinstlebewesen können über die Abluft oder das Abwasser entweichen, oder von Mitarbeitern nach draußen getragen werden“.
„Die Biologie der Retro- und Vaccinaviren, mit denen dort gearbeitet werden soll, ist nicht vollständig geklärt“, kritisiert Thorsten Rüting von der Eppendorfer Initiative.“ Viren, die das Nervensystem befallen, wie die Herpes-Viren, könnten lange Zeit unerkannt herumgetragen werden und plötzlich Krankheiten hervorrufen: „so rätselhaft wie zum Beispiel die Gürtelrose“. Die Vaccinaviren, können neben Maus, Kaninchen und Rind auch den Menschen infizieren. Sie wurden und werden vereinzelt noch zur Pockenimpfung eingesetzt. Weil die Massenimpfungen zurückgehen und die Infektionsanfälligkeit der Menschen zunimmt, äußern Mediziner Bedenken hinsichtlich der Anwendung dieser Viren in gentechnischen Laboratorien. Die Retroviren, wichtiges gentechnisches „Instrument“ der Neurobiologen, könnten beim Menschen tödlich verlaufende Erkrankungen hervorrufen, gegen die es heute weder einen wirksamen Schutz, noch Behandlungsmöglichkeiten gibt.
Donnerstag 17. Juni, 19 Uhr, Hörsaal der Augenklinik des UKE: Öffentliche Präsentation der Baupläne für das Forschungszentrum für Molekulare Neurobiologie. Baupläne, Modell und Informationsmaterialien liegen ab 15 Uhr im Treppenhaus vor dem Hörsaal aus.
Vera Stadie
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