: Rückkehr des Einheitslohns
■ Hamburgs ehemaliges Volleyball-Aushängeschild VCH klagt über massive Finanzprobleme
Eine gute Mannschaft in der Volleyball-Bundesliga kostet mindestens eine Million Mark pro Jahr, eine mittelmäßige noch 700000 Mark. Dem 1. VC Hamburg aber stehen nach einem Blick aufs Bankkonto für die kommende Saison nur 400000 Mark zur Verfügung. „Uns fehlen 200000 Mark“, klagt der Vereinsvorsitzende Günter Ploß, nachdem einer der beiden Hauptsponsoren den Geldhahn zudrehte.
Selbst wenn es Ploß gelingen sollte, mit dem Sparetat ein Bundesligateam auf die Beine zu stellen, erwartet Trainer Bernd Schlesinger sportlich „ein Kamikaze-Unternehmen“. Denn der finanziellen Atemnot droht die personelle zu folgen. Insbesondere die beiden Nationalspieler Dirk Oldenburg und Oliver Heitmann werden angesichts der tristen Verdienstaussichten beim 1. VC Hamburg kaum an der elbe zu halten sein. „Dann hätte ich noch drei oder vier bundesligaerfahrene Spieler“, zählt Schlesinger düster an den Fingern einer Hand ab.
Zudem hat mit Frank Mackerodt Hamburgs Sportler des Jahres 1992 seine Karriere beendet. Mit dem Abtritt des 30jährigen Ex-Nationalspielers verliert der Hamburger Erstligist nicht nur seinen Kapitän, sondern auch eine Art ideelle Galionsfigur, die das Team in den achtziger Jahren — damals noch unter dem weiten Mantel des HSV — zu vier deutschen Meistertiteln geführt hatte.
Finanzielle Vabanquespiele bei den Vertragsverhandlungen und der Verpflichtung neuer Spieler soll es nach dem Willen des Vereinsvorsitzenden Günter Ploß nicht geben. Zu frisch ist die Erinnerung an das Schicksal des Vorläufervereins HLSV, der kurz nach seiner Gründung bakrott ging. „Wir werden keine Gehälter zahlen, die nicht durch Einnahmen gedeckt sind“, bezieht Ploß den Standpunkt des soliden hanseatischen Geschäftsmanns.
Seinem Nationalspieler Oldenburg mußte Ploß bereits signalisieren, daß die vertraglich fixierte Gehaltserhöhung vom Verein nicht eingehalten werden kann. Unterschrieben hat für die kommende Saison ansonsten nur der Nachwuchsspieler Axel Jennewein. Alle anderen Akteure haben auf die ihnen unterbreiteten Angebote noch nicht reagiert.
Falls Ploß oder der inzwischen ins Marketinggeschäft gewechselte Mackerodt nicht in kurzer Zeit neue Finanzquellen erschließen können, wird der Verin den Einheitstarif aus der letzten Saison nicht erhöehen, als alle Akteure ohne Ansehen von Person, Leistung und Dienstjahren monatlich rund 2000 Mark netto kassierten. Trainer Schlesinger warnte allerdings davor, „daß es eine Schmerzgrenze gibt. Den Lebensunterhalt muß man schon verdienen können. Wir arbeiten schließlich seit zwei Jahren zum Spartarif.“
Olaf Krohn
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