: USA: Neue tödliche Krankheit
■ Bisher 14 Tote durch neuen, gefährlichen Virus
Ein Schreckgespenst geht um in den US-Bundesstaaten New Mexiko, Utah und Arizona. Während WissenschaftlerInnen und AktivistInnen aus aller Welt auf dem Aids-Kongreß die verheerende Verbreitung der Immunschwäche diskutierten, wurde eine neue, tödliche Krankheit bekannt. Seit Anfang März sind 14 meist junge Menschen an dem „Unbekannten Atemnot-Syndrom“ gestorben. Nach plötzlichem, hohem Fieber und starken Muskel- und Kopfschmerzen füllten sich ihre Lungen mit Flüssigkeit, an der sie erstickten. Bis auf eine Ausnahme lebten alle Betroffenen entweder in Indianer-Reservaten oder hatten engen Kontakt dorthin.
Das US-Seuchenamt vermutet einen bisher unbekannten Abkömmling des Hanta-Virus als Krankheitsauslöser, deren Ausbreitung sich mittlerweile zu verlangsamen scheint. Im letzten Winter hatte es in den Reservaten ungewöhnlich stark geregnet. Wegen des für Wüstenverhältnisse üppigen Nahrungsangebotes vermehrten sich auch die Nagetiere, die als Überträger von Hanta-Viren verantwortlich gemacht werden.
Ob diese These stimmt, weiß bisher jedoch niemand. Hanta-Viren, an denen im Korea-Krieg Tausende von US-Soldaten erkrankten und die 1976 zum ersten Mal aus einer koreanischen Maus isoliert werden konnten (und nach einem dortigen Fluß benannt wurden), lösen eigentlich Nierenkomplikationen aus. Nur bei wenigen Nagern wurden jetzt Hanta-Viren dingfest gemacht, und auch nur bei drei der bisher knapp 30 PatientInnen konnten Hanta-Viren in ihren Körperflüssigkeiten nachgewiesen werden. Für die These spricht jedoch, daß die Nagetierpopulationen im Südwesten der USA als Brutstätte seltener Infektionskrankheiten bekannt sind.
Erschwert wird der Rund-um- die-Uhr-Einsatz von MedizinerInnen durch das große Mißtrauen, das viele Angehörige der Navajo- Nation und der Hopi gegenüber der weißen Staatsmacht hegen. Die Nachfahren der Ureinwohner vermuteten zunächst sogar, ein Pflanzenvernichtungsmittel, mit denen die Rauschgiftbehörden jeder „Selbstverwaltung“ zum Trotz, ihre Peyote-Kakteen besprüht hatten, habe die tödliche Krankheit verursacht. Erst als Medizinmänner, die eng mit den ÄrztInnen zusammenarbeiten und auch auf den Regen und die Nagervermehrung aufmerksam gemacht hatten, über Rundfunk zur Mithilfe aufforderten, war die Bevölkerung bereit, die Symptome der Verstorbenen zu schildern. Susanne Billig
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen