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Akte „Spenden“

■ Neuer Aktenfund mit Czichon-Vermerk verärgert Stadtwerke-Ausschuß

Der Untersuchungsausschuß Stadtwerke hat in die Sommerpause neue Akten von den Stadtwerken bekommen. Dabei ist der Brief, mit dem die Grünen genau auf den Tag genau vor einem Jahr die SPD aufgefordert hatten, alle Spenden von kommunalen Unternehmen zurückzuzahlen. Die Begründung: Da die Spenden direkt die Gewinnabführung an die Stadtgemeinde verminderten, handele es sich um eine staatliche Parteifinanzierung über Umwege. (s. Faksimile)

Der Brief wurde am 23.6.1993 von der SPD auch den Stadtwerken zur Kenntnis gebracht und dort ordentlich mit dem kleinen Vorstands-Eingangsstempel versehen. Bemerkenswert ist ein handschriftlicher Vermerk oben rechts auf dem Brief: “z.d.A. Czi 25.6.“. Ganz harmlos, erklärte Stadtwerke-Chef Czichon gestern der taz: Er habe den Brief gesehen und entschieden, daß er keine Bedeutung für die Stadtwerke habe. Unter „vermischter Schrott“ sei er abgeheftet worden. Ob (und wenn ja warum) der Brief mit dem Vermerk jetzt erst dem Ausschuß übergeben worden sei, wisse er nicht.

Am Tag des Vermerks, am 25.6.1992 aber war Czichon in Hopf am See bei Füssen in der Kur und nicht in Bremen. „Offenbar hat man mir den Brief nachgeschickt und ich habe in der Kur diesen Vermerk gemacht“, erklärt Czichon das Phänomen. Und die Akte, in der er abgelegt wurde sei, sei eine mit der Aufschrift „Spenden“ gewesen, die Mitte Juni letzten Jahres nach Beginn der öffentlichen Spendendebatte angelegt worde sei.

In Kreisen des Untersuchungsausschusses gilt der Vermerk wie Czichons Erklärung dafür als „Sensation“. Elisabeth Hackstein: „Über Monate haben sie uns gesagt, es gibt keine Akte 'Spenden'. Das war das, was uns gewundert hat.“ Wenn man geahnt hätte, daß es doch eine gab, wäre diese Akte natürlich in dem Beschlagnahme- Antrag an die Staatsanwaltschaft mit aufgeführt worden. Die Beschlagnahme hatte der Untersuchungsausschuß beantragt, nachdem einzelne Stadtwerke-Akten dem Ausschuß bisher vorenthalten worden waren.

Wenn der Stadtwerke-Chef Dinge wie diesen Brief, der am 23.6.92 geschrieben wurde, schon am 25.6. in Füssen in seiner Kur in der Hotelpost hat, dann zeigt das, wie wichtig ihm dieser Themenkomplex war. Vor dem Ausschuß hatte Czichon erklärt, er habe in der Kur nichts als abschalten wollen. Am 9.Juli hatte der Pressesprecher der Stadtwerke Czichon in der Kur besucht, um mit ihm über das Thema Spenden-Rückzahlung zu reden.

Hackstein: „Es erhärtet sich hier der Verdacht, daß der Ausschuß an der Nase herumgeführt worden ist.“ K.W.

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