: Thailands Einstieg in die Atomkraft
■ Umweltschutzgruppen protestieren heftig, aber die Regierung hält den Bau von Atomreaktoren für unvermeidbar
Bangkok (IPS) – Die thailändische Regierung möchte insgesamt sechs Atomreaktoren von je 1.000 Megawatt Leistung bauen. Jeder von ihnen dürfte etwa vier Milliarden Dollar kosten. Seit etwa drei Monaten stehen Atomkraftwerkausrüster Schlange, um Bangkok ihre Modelle anzudienen: Franzosen und Japaner werben für ihre schnellen Brüter, die Kanadier für Druckwasserreaktoren, und selbst Indien bietet selbstgestricke Technologie zu Dritte-Welt-Preisen an.
Die Atomkraftwerke sollen bis zum Jahr 2006 genügend Strom für die nach Erwartungen der Regierung auch dann noch ungebremst boomende Wirtschaft des Landes produzieren. Seit den 80er Jahren ist mit dem stetig steigenden Bruttosozialprodukt auch der thailändische Stromverbrauch um mehr als 14,5 Prozent in die Höhe geschnellt.
Doch den Befürwortern der Atompolitik des Premierministers Chan Leekpai stehen harte Konflikte bevor. Heimische Umweltschutzgruppen machen gegen die Pläne mobli.
Schon einmal haben sie ihren Kopf durchgesetzt, als es Ende der 70er darum ging, ein 600-Megawatt-Atomkraftwerk südöstlich von Bangkok zu verhindern. Damals ließ sich mit dem glücklichen Fund heimischer Erdöllager die Energiekrise noch einmal ohne Atomstrom umschiffen. Auch gegenwärtig vermag Thailand seinen Energiebedarf noch ohne atomare Anlagen zu decken. Zu 37 Prozent verläßt sich das Land auf Erdgas, zu 30 Prozent auf Erdöl, zu 21 Prozent auf Braunkohle und zu 12 Prozent auf Wasserkraft.
Dennoch, meinen Beamte der thailändischen Stromversorgungsbehörde (EGAT), lägen die Dinge heute anders als in den 70er Jahren. Bis zum Jahre 2000 werden mit Ausnahme der Braunkohle alle Energiequellen, auf die Thailand zur Zeit vertraut, empfindlich schrumpfen. Dann stünden Importe aus Nachbarländern wie Laos, Birma und Malaysia an. Die EGAT glaubt, daß Thailand im Jahre 2006 mehr als doppelt soviel Strom wie heute verbrauchen werde. Dann könne der Bedarf nur noch mit Atomkraft gedeckt werden.
Thailand stände mit seinem Programm nicht allein in Südostasien. Im vergangenen Jahr kam eine Studie der UN-Wirtschaftskommission für Asien und den pazifischen Raum (ESCAP) zum Schluß, daß bis zum Jahre 2010 elf der asiatischen Staaten über eigene Kernkraftwerke verfügen werden, darunter Bangladesch, Sri Lanka – oder eben Thailand. Doch zu den atomaren Spitzenreitern würden diese Länder nicht zählen. Dieser Rang käme aller Voraussicht nach Südkorea mit geschätzten 26.000 Megawatt, Indien mit 15.000 und China mit 10.000 Megawatt zu.
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