: Bahn hängt Bremer Häfen ab
■ Versprochener Ausbau der Ost-Verbindung soll ins nächste Jahrtausend vertagt werden
Zur Zeit werden erstmal die Brücken der alten „Amerika-Linie“ von 1870 abgerissen — hier in Hestedt, Kreis SalzwedelFoto: Archiv
Um die vom geschiedenen Bundesverkehrsminister Günther Krause hoch und heilig versprochene direkte Bahn-Verbindung zwischen Bremen, Berlin und den neuen Bundesländern sieht es schlecht aus. Die Bundesbahn will die eigentlich für 1997 vorgesehene Fertigstellung der Direktverbindung von Bremen über Langwedel, Uelzen und Stendal nach Berlin bis weit ins nächste Jahrtausend hinein verschieben. Und auch der neue Bonner Verkehrsminister Matthias Wissmann scheint dieser Idee aufgeschlossen gegenüber zu stehen. „Die Bahn kann schließlich nur Geld verbauen, das sie auch hat“, sagte sein Sprecher Volker Mattern gestern auf Nachfrage.
Geplant ist offenbar nur noch ein eingleisiger Lückenschluß der bestehenden Nebenbahnstrecken zwischen Uelzen und Stendal. Ohne die ursprünglich vorgesehene Elektrifizierung und den Ausbau auf Geschwindigkeiten bis 200 km/h könnten dann nur von Dieselloks gezogene Züge mit 120 km/h durch die Heide in Richtung Osten rollen. Die von den Bremer Häfen so dringend verlangte Beschleunigung des Güterverkehrs in die neuen Länder — und damit eine Gleichstellung mit dem Hamburger Hafen — fände nicht statt.
Mit „Befremden“ hat denn auch Bremens Häfensenator Uwe Beckmeyer in einer Presseerklärung auf die geplante Billiglösung der Bahn reagiert. Die Bremer Handelskammer sieht darin gar „eine Abkopplung von den neuen
hier bitte das Foto
mit dem Bagger
BITTE UNTEN ANSCHNEIDEN
Bundesländern“ mit der „zwangsläufigen Folge einer Verzerrung des Seehafenwettbewerbs“. Keine Stellungnahme gibt es zu diesem Thema bisher von Wirtschaftssenator Claus Jäger. Sein Sprecher Dirk Petrat wollte gestern nur noch einmal feststellen, daß nicht etwa Häfensenator Beckmeyer, sondern Wirtschaftssenator Jäger für Fragen des überregionalen Verkehrs zuständig sei. Und der könne zum Thema Bahnverbindung in den Osten erst am Donnerstag eine Stellungnahme abgeben. Bis dahin will das Wirtschaftsressort in Bonn und Frankfurt ermitteln, ob die schlechte Nachricht überhaupt zutreffe.
Daran hatten allerdings bereits in der vergangenen Woche mehrere Bundestagsabgeordnete aus Bremen, Berlin, Sachsen-Anhalt und Niedersachsen keinen Zweifel, die sich zu einem „überparteilichen Protest gegen die Abspeckungspläne der Bahn“ zusammengeschlossen haben. „Wenn diese Pläne Wirklichkeit werden sollten, bedeutet dies die totale Abkoppelung großer Bevölkerungsteile vom Ost-West-Verkehr und die Schaffung eines Gütertransports auf Dampflokniveau“, erklärte der niedersächsische CDU-Landesgruppenchef im Bundestag, Klaus-Jürgen Hedrich, anschließend. Er habe sogar „Verständnis“ für die Ankündigung der Bonner SPD, beim Nichtausbau der Strecke den überparteilichen Konsens in der Frage der großen Ost-West-Verkehrsprojekte aufzukündigen.
Mit einer Drohung hat auch Bremens Häfensenator Beckmeyer auf die drohende Verzögerung des Ausbaus der Verbindung Uelzen- Stendal zur Hochgeschwindigkeitsstrecke reagiert. Die von Bremen und Niedersachsen bereits zugesagte Beteiligung an dem Projekt in Höhe von je 50 Millionen Mark sei dann natürlich „hinfällig“. Diese Ankündigung dürfte die Bundesbahn jedoch relativ kalt lassen. Schließlich fällt dieser Zu
Fast Luftlinie: von Bremen über Uelzen-Stendal nach Berlin
schuß der Länder angesichts der Gesamtkosten des Projekts von 1,345 Milliarden Mark nicht ins Gewicht.
Hintergrund der abgespeckten Bahnplanung ist auch der sinkende Umschlag in den Bremer Häfen. Schließlich muß das demnächst privatisierte Unternehmen seine Investitionen in neue Zugstrecken ja wieder decken können. Und das geht bei der Verbindung Bremen-Uelzen-Stendal nicht über den Personen-, sondern lediglich über den Güterverkehr.
Zwar war diese Verbindung bis zum Krieg als „Amerika-Linie“ eine der meistbefahrenen Zugstrecken Deutschlands, denn sie verband Berlin direkt mit den Linienschiffen in Bremerhavenen. In den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts war ihr Bau deshalb auch von Bremen mit zweieinhalb Millionen Goldthalern finanziert worden. Doch heute hat der Personenverkehr zwischen Bremen und Berlin auch über Hamburg oder Hannover akzeptable Verbindungen mit der Hauptstadt.
Lediglich im nächtlichen Gütertransport gibt es erhebliche Engpässe. Als Alternative zum Wiederaufbau der Strecke Uelzen-Stendal war deshalb zunächst auch ein drittes Bahngleis zwischen Bremen und Hannover für eine verbesserte Verkehrsanbindung der Bremer Häfen in der Diskussion. „Wenn wir damals gewußt hätten, daß die Bahn die Strecke zwischen Uelzen und Stendal nur eingleisig und ohne Elektrifizierung ausbauen will, dann hätten wir uns lieber für das dritte Gleis nach Hannover entschieden“, meint heute der in der Bremer Handelskammer für Verkehrsfragen zuständige Otto.
Endgültig ist die Entscheidung über die Zukunft der Bremer Ost
hier bitte
die Karte
Anbindung allerdings noch nicht gefallen. Der Sparvorschlag der Bahn muß im Bonner Verkehrsministerium noch den letzten Segen erhalten. Bis dahin wird die nordwestdeutsche Hafenlobby dem neuen Verkehrsminister die Tür einrennen. Doch Wissmanns Sprecher ließ gestern keinen Zweifel daran, wer schließlich über das milliardenschwere Bahn- Projekt entscheidet: „Wir haben hier das letzte Wort.“ Dirk Asendorpf
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