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Hausdurchsuchung bei Ex-Baustadtrat Orlowsky

■ Er soll im Januar 1992 bei einer Ellinghaus-Firma eingebrochen sein und ein Protokoll vom Juli entwendet haben

Justizposse in Moabit: Gestern wurde die Wohnung des ehemaligen Kreuzberger Baustadtrats und jetzigen Vorstands des Vereins SO36, Werner Orlowsky, von der Polizei durchsucht. Der 65jährige Orlowsky wird verdächtigt, in der Nacht vom 22. auf den 23.Januar 1992 bei einer Tochterfirma der Ellinghaus-Gruppe eingebrochen zu sein.

Der am 27.Mai 1993 ausgestellte Durchsuchungsbeschluß wurde von Amtsrichter Buckow damit begründet, daß die Aktion vermutlich zur Auffindung von Beweismitteln führen werde, darunter ein Fotoapparat, ein Diktiergerät, ein Autotelefon sowie ein Jour-fixe-Protokoll der Ellinghaus-Gruppe. Das Protokoll, das der taz vorliegt, datiert vom Juli 1992 – demnach also mehrere Monate nach dem Orlowsky zur Last gelegten Einbruch. Es gibt Auskunft über die Pläne der Ellinghaus-Gruppe, für die seit geraumer Zeit auch der ehemalige SPD-Vorsitzende Walter Momper tätig ist, Miet- in Eigentumswohnungen umzuwandeln. Erst im März dieses Jahres hatte Orlowsky einen Prozeß gegen Ellinghaus gewonnen und damit eine einstweilige Verfügung außer Kraft gesetzt, die ihm unter Androhung eines Ordnungsgeldes von 500.000 DM untersagt hatte, weiter zu verbreiten, die Ellinghaus-Gruppe „operiere auf dem Sektor der Umwandlung“. Besagtes Protokoll war damals das Hauptbeweismittel Orlowskys.

Ungereimtheiten in dem Fall offenbart auch die Vorgehensweise der Justiz. Nachdem Orlowsky gestern nicht unter seiner Meldeadresse angetroffen wurde, ordnete Oberstaatsanwalt Priestoph auf Drängen der Polizei die Durchsuchung in der Wohnung seiner Freundin an. Priestoph räumte gegenüber der taz ein, dabei weder die Akten noch den Durchsuchungsbeschluß vom Mai gekannt zu haben. Auch die Justizpressestelle konnte gestern die Frage nicht klären, auf welcher Aktengrundlage es zu der Durchsuchung kam. Sprecher Bruno Rautenberg vermutete, daß es sich bei den widersprüchlichen Zeitangaben im Durchsuchungsbefehl um einen Tippfehler handle und bedauerte, keine weitere Auskunft geben zu können, da die Akten nunmehr bei der Polizei lägen. Oberstaatsanwalt Priestoph wiederum verwies auf die ermittelnde Oberstaatsanwältin, Frau Dr.Riebschläger, Ehefrau des ehemaligen Vorsitzenden der Wohnungsbaukreditanstalt und jetzigen Mitarbeiters der Berliner Anwaltskanzlei Knauthe, Klaus Riebschläger.

Gegenüber der taz betonte die Oberstaatsanwältin jedoch, ihr sei der Vorgang überhaupt nicht bekannt. Vollendet wurde die Groteske schließlich, als Justizsprecher Rautenberg erklärte, die Ermittlungen führe tatsächlich nun eine andere Staatsanwältin, die sich an den Fall allerdings nicht erinnern könne und deren Name er nicht nennen wolle. Frau Riebschläger, so Rautenberg, habe womöglich nur den Durchsuchungsbefehl im Mai beantragt und die Vollstreckung unterschrieben. Eine Auskunft darüber, wer die Anzeige erstattet habe, gab es gestern auch nicht bei der Ellinghaus- Gruppe.

Unterdessen erklärte Orlowskys Anwalt Johannes Eisenberg, die Unschlüssigkeit des richterlichen Durchsuchungsbeschlusses sowie andere Ungereimtheiten des Verfahrens legten den Verdacht nahe, daß Herr Orlowsky Opfer einer Intrige geworden sei. In einem Schreiben an Oberstaatsanwältin Riebschläger wird die Frage aufgeworfen, ob an den Ermittlungen Beteiligte oder nahe Angehörige in beruflicher oder wirtschaftlicher Verbindung zur Ellinghaus- Gruppe stünden. Uwe Rada

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