: Der Kellner der Koalition
■ Onkel Dittbrenner ist ein wenig apathisch wie — frisch gepreßt und ausgelutscht
Seine Aktivitäten im Koalitionsausschuß beschränken sich seit geraumer Zeit darauf, die anderen Mitglieder mit Cola und Limonade zu versorgen. „Da ist er perfekt“, sagt ein Teilnehmer aus Bremens kleiner Regierungsrunde. Ansonsten sitze der SPD- Fraktionsvorsitzende Claus Dittbrenner unbeteiligt am Tisch, ohne Ideen, Vorschläge, Konzepte, und lasse die Politik über sich ergehen. Inhalte: Null.
Da sitzt er dann in charakteristischer Haltung, mit dem 5. Kreuzwirbel auf der Vorderkante seines Stuhles, die Arme zum Halt über die Lehne zurückgeschlagen. Wie ein Dummy im ferngesteuerten SPD-Karren zuckelt er apathisch auf die nächste Katastrophe zu, froh, daß er zum Thema Sparen ein entgegenkommendes „Cola?“ zu bieten hat. So schweigsam ist Dittbrenner geworden, daß selbst seine GenossInnen nicht mehr wissen: Lauert er, bis er zuschlagen kann, oder ist Sendepause? „Man weiß einfach nicht mehr, was er vorhat. Es sieht so aus, als liege er ständig in Deckung, aber keiner weiß mehr, womit er eigentlich rauskommen will“, sagt ein Mitglied der Fraktion.
Natürlich ist da eine Grundfrustation. Erst wurde Dittbrenner als Nachfolge-Kandidat für den verstorbenen Egon Kähler gehandelt — nicht in dessen Eigenschaft als Vorsitzender des Bremer Fußball-Verbandes, sondern als Geschäftsführer der Bremischen Gesellschaft für Stadterneuerung, Stadtentwicklung und Wohnungsbau. Doch im April setzte ihm Bausenatorin Eva-Maria Lemke-Schulte als Aufsichtsratvorsitzende der Bremischen den Outsider Michael Haack vor die Nase. Selbst Genossen witzeln hinter vorgehaltener Hand: „Für den Job braucht man eben Kompetenz.“
Zweiter Frust: Die Abstimmung der Fraktion beim Mißtrauensvotum gegen den grünen Umweltsenator Ralf Fücks. Zwar hat Dittbrenner in einer Brandsitzung nach dem Mißtrauensvotum die Vertrauensfrage in der Fraktion gestellt. Doch nachdem ihm alle das Vertrauen ausgesprochen hatten, steht er jetzt da wie Biedermann, der die Brandstifter für eine Große Koalition mit Benzin und Streichhölzern auf seinem Dachboden experimentieren läßt.
So etwas geht an die Substanz, selbst bei einem für die SPD so hoffnungsvollen Talent wie Dittbrenner. Ambitionen auf den Posten des Bausenators werden ihm schon länger nachgesagt. Wenn er so weitermacht wie bisher, wird er womöglich noch den Zeitpunkt verpassen, um das Bein auszustrecken, das andere dann stolpern läßt, sorgt sich Rosi Roland
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